New York will den legendären Hamburger Viermaster verschenken. Es gibt auch Mäzene - doch noch immer fehlt Geld. Die Verschrottung droht.

Hamburg. In seinem Büro, im dritten Stock der Hamburger Handelskammer, steht auf einem Bürostuhl ein gut 20 Zentimeter hohes Türmchen aus Anschreiben, Faxen, Briefen. "Alles dort dreht sich um die 'Peking'", sagt Kammer-Geschäftsführer Reinhard Wolf. Seit einigen Jahren schon versucht der drahtige Hamburger mithilfe von Mäzenen den legendären Windjammer von New York nach Hamburg zurückzuholen - als großes Museumsschiff. Durchaus mit Erfolg: Denn es gibt finanzielle Zusagen in Millionenhöhe.

Trotzdem hat das Projekt in den vergangenen Tagen aber eine neue Wendung genommen: Weil immer noch eine Finanzlücke von etlichen Hunderttausend Euro klafft, musste Wolf in New York erst einmal eine Aufschiebung ankündigen, was in der amerikanischen Metropole auf Entsetzen stößt. Wie berichtet, ist das South Street Seaport Museum pleite und wurde von dem New Yorker Stadt-Museum übernommen. Platz und Geld für das 1911 in Hamburg vom Stapel gelaufene Schiff gibt es dort nicht mehr. Stattdessen will New York den berühmten Viermaster an Hamburg verschenken. Die Aufschiebung der Rückführung sei jetzt ein "Schlag für Museumsdirektorin Susan Henshaw Jones", schrieb das "Wall Street Journal" am Freitag. Denn nun gebe es ein großes Liegeplatzproblem. Auf den Platz des Seglers, an Pier 16 im Hafen von New York, sollte die Bark "Wavertree" verholt werden, die anders als die in der Südamerikafahrt eingesetzte "Peking" einen historischen Bezug zu New York hat. Nach Plänen von Henshaw Jones soll die "Wavertree" für 20 Millionen Dollar saniert werden und im Museum bleiben. An deren derzeitigem Liegeplatz an Pier 15 will die Stadt New York einen City-Hafen einrichten und die Liegeplätze verkaufen. "Die Position der 'Peking' verstopft uns alles", so Henshaw Jones zum "Wall Street Journal". "Sie verstopft die ganze Stadt."

Doch noch ist das Projekt "Rückführung der Peking" nicht vom Tisch. Wolf hofft, die Finanzierungslücke schließen zu können. Dass weiteres Geld für eine erste Grundsanierung des Rumpfs fehlt, stellte sich erst vor Kurzem heraus. Ohne gesicherte Finanzierung sei das Risiko aber zu groß. "Wenn wir weitere Sponsoren finden, kann es weitergehen", sagt Wolf. Das heißt aber auch: Anderenfalls wäre der "Veermaster" für Hamburg verloren.

Die "Peking", ein Schwesterschiff der Travemünder "Passat", wurde 1911 bei Blohm + Voss in Hamburg gebaut und über Umwege in den 1970er-Jahren Museumsschiff in Manhattan. Die Viermast-Bark gehörte zu den "Flying-P Linern" der Hamburger Laeisz-Reederei. Noch bis in die 1930er-Jahre segelten diese Schiffe zwischen Hamburg und Südamerika mit Massengütern. Zwar war die Zeit der Windjammer eigentlich schon vorbei, doch die besonders robusten und beeindruckend schnellen Segler mussten - anders als Dampfschiffe - nicht riesige Mengen Kohlen bunkern, nutzten den Wind und besetzten so bei langen Reisen eine Weile eine Marktlücke. "Flyling P-Liner" wurden sie wegen ihres Tempos genannt. Das P stand dabei für den Anfangsbuchstaben, den damals wie heute die Laeisz-Schiffe tragen. Die "Peking" gehört zu den letzten dieser Segelschiffgeneration, die nicht umgebaut wurden. "Die hat noch nicht einmal einen Motor", begeistert sich Wolf. Sein Konzept sieht vor, das Schiff an den 50er-Schuppen am Hafenmuseum festzumachen, das dort ausgebaut werden könnte. "Man könnte dann doch direkt von Elbphilharmonie und der HafenCity aus auf die 'Peking' und das Museum blicken", sagt Reinhard Wolf.

Das Schiff soll dort möglichst originalgetreu präsentiert werden. In einem Laderaum allerdings soll dem Konzept zufolge eine Art Auditorium entstehen, in dem ein Schwarz-Weiß-Film gezeigt wird, den ein amerikanischer Filmemacher in den 1920er-Jahren an Bord der "Peking" gedreht hatte. "Da wird man schon vom Zuschauen seekrank", sagt Wolf, der nach eigenen Angaben zwei Hamburger Mäzene für das Projekt gewinnen konnte.

Das gut 115 Meter lange Schiff wurde in New York zur Inspektion ins Dock geholt. Im Bereich der Wasserlinie entpuppte sich der Rumpf des auch sonst stark reparaturbedürftigen Schiffes als mitgenommen und rostig. Für eine Überführung müsste der Rumpf daher vor Ort verstärkt werden. Anschließend könne die "Peking" mit einem sogenannten Dockschiff für etwa 1,2 Millionen Euro oder - etwas riskanter - mit einem Seeschlepper für etwa 500 000 Euro Transportkosten nach Hamburg gebracht werden. Dort, so die Idee, müsste zunächst der Rumpf komplett saniert werden - wozu nun das Geld fehlt. Doch die Zeit drängt: In New York muss das Schiff bis Ende des Jahres weg. Museumschefin Henshaw Jones hofft nun, dass sich "vielleicht ein Partyschiff-Betreiber meldet", sagt sie. Wolf ist da skeptischer: "Wenn wir das nicht hinbekommen, dann landet ein Stück Hamburger Schifffahrtsgeschichte im Hochofen."