Zahl der Fälle in Hamburg steigt, die Aufklärungsquote ist gering. Besonders am frühen Abend schlagen Einbrecher zu.

Hamburg. Die ersten fünf Minuten entscheiden: Scheitert ein Einbrecher in dieser Zeit an gut gesicherten Fenstern oder Türen eines Hauses, wird er sein Vorhaben in der Regel abbrechen, so die Erfahrung der Polizei. Oder es steigt die Chance, dass Nachbarn auf den Eindringling aufmerksam werden wie Mitte September an der Wellingsbütteler Landstraße. Ein 34-Jähriger hatte versucht, ein Balkonfenster im ersten Stock eines Wohnhauses mit einem Schraubendreher aufzuhebeln. Nachbarn hörten ihn und riefen die Polizei. Er wurde festgenommen.

Ein eher seltener Fall in Hamburg. Nur 8,3 Prozent aller Wohnungseinbrüche wurden 2011 aufgeklärt, so die aktuelle Kriminalitätsstatistik. Im Vergleich der Stadtteile müssen sich die Wellingsbütteler allerdings wenig Sorgen machen: Ihr Stadtteil blieb in den ersten sechs Monaten dieses Jahres vergleichsweise verschont: 33 Einbrüche und Einbruchsversuche in Wohnungen und andere Gebäude registrierte die Polizei dort, sieben mehr als im gleichen Zeitraum 2011 - das sind sieben Taten je 1000 Haushalte.

Andere Stadtteile aus dem Bezirk Wandsbek schneiden deutlich schlechter ab, wie aus der Antwort auf eine Senatsanfrage des CDU-Innenexperten Karl-Heinz Warnholz hervorgeht, der die Entwicklung der schweren Einbruchskriminalität für alle Hamburger Stadtteile abgefragt hat. Zu diesem Deliktsfeld gehören neben Wohnungseinbrüchen auch Einbrüche in Poststellen, Banken, Hotels und Lagerräume, aber auch der aufgebrochene Keller oder der ausgeräumte Kiosk.

In Jenfeld und Tonndorf etwa zählte die Polizei im ersten Halbjahr 20 beziehungsweise 19 Taten je 1000 Haushalte. Am schlechtesten schneidet in diesem Vergleich allerdings die Altstadt ab: Auf 1000 Haushalte wurden hier 69 Einbruchstaten gezählt, einer der Spitzenwerte in der Hansestadt, gefolgt von Billbrook (44), Hammerbrook (42) und Allermöhe (32). Ein Erklärungsversuch: In der Altstadt sind nur wenige Einwohner registriert, dafür gibt es dort sehr viele Geschäfte und Hotels. Und nicht die Wohnungseinbrüche, sondern andere Einbruchsdiebstähle werden hier sehr häufig registriert.

Vergleicht man die absoluten Zahlen der ersten Monate dieses Jahres mit dem gleichen Vorjahreszeitraum, stechen andere Stadtteile hervor: die Veddel etwa, wo die Zahl der Einbrüche von 29 auf 80 Taten stieg, ein Plus von 176 Prozent. Oder Iserbrook, das einen Anstieg von 23 auf 56 Taten (143 Prozent) aufweist. In Billwerder gingen die Zahlen hingegen um 89 Prozent (19 auf 2), in Altenwerder um 83 Prozent (6 auf 1) zurück. Die meisten Einbruchstaten wurden von Januar bis Ende Juni 2012 in Billstedt (436), Wilhelmsburg (373) und Rahlstedt (366) verübt.

Der Blick auf die Gesamtzahlen bestätigt einen bereits bekannten Trend: Die Zahl der Einbrüche, nicht nur der Wohnungseinbrüche, steigt wieder - nachdem insbesondere für letzteres Deliktsfeld im vergangenen Jahr noch ein leichter Rückgang verzeichnet werden konnte. So wurden im ersten Halbjahr 2012 insgesamt 8865 versuchte und vollendete Einbrüche gezählt, 493 Taten mehr als noch im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Etwas weniger als die Hälfte der Taten betreffen Einbrüche ausschließlich in Wohnungen: 3838 Taten waren es von Januar bis Juni, 249 mehr als im ersten Halbjahr 2011.

Mit Blick auf die anstehende dunkle Jahreszeit - die Wintermonate sind eine Hochsaison für Einbrecher - forderte der CDU-Abgeordnete Warnholz mehr Initiative von der Polizei: "Ich fordere die Polizei auf, mit mehr Personal auf die gestiegenen Einbruchszahlen zu reagieren. Die Kommissariate müssen in ihren Stadtteilen deutlich mehr Präsenz zeigen."

Die Innenbehörde präsentierte bereits eine neue Kampagne zum Schutz vor Einbrüchen. Ziel des von Senator Michael Neumann vorgestellten Präventionskonzepts ist, den Bürger aufzuklären und sie zu sensibilisieren, Haus und Wohnung besser zu schützen. Bis Ende Oktober sollen Beamte auf Wochenmärkten, in Einkaufszentren, bei Bürgertreffs und anderen Anlässen über technische Lösungen aufklären.

Wie die Polizei mitteilte, hat sich eine wachsende Zahl von Tätern mittlerweile auf den sogenannten Tageswohnungseinbruch in den frühen Abendstunden spezialisiert. Bei Einbruch der Dunkelheit verschaffen sie sich Zutritt zu Mehrfamilienhäusern, brechen mit einem Schraubendreher Wohnungstüren auf. Diese Taten würden oft über Stunden unbemerkt bleiben, insbesondere in anonymen Nachbarschaften. Für eine hohe Fallzahl seien zudem reisende Einbrecherbanden etwa aus Chile verantwortlich.

Mit Blick auf die bereits erwähnt niedrige Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen erklärte Polizeisprecherin Sandra Levgrün: Zu den unaufgeklärten Fällen würden auch die meisten erfolglos versuchten Einbrüche gezählt. Deren Anteil betrage an allen Taten bereits fast 40 Prozent, vor zehn Jahren waren es noch 30 Prozent. Dies sei erfreulich, denn dies bedeute auch, dass es den Tätern dank der verbauten Sicherheitstechnik immer schwieriger falle, zum Erfolg zu kommen.