Die Hamburger Hochbahn zeigte zum 100-jährigen Bestehen historische Fahrzeuge. Von der alten U-Bahn bis zum nostalgischen Linienbus.

Neustadt. Nostalgie pur im Hamburger Untergrund. Das war gestern bei der Hamburger Hochbahn angesagt. Das Verkehrsunternehmen hat die Oldies unter den Fahrzeugen in der Haltestelle Jungfernstieg auf den neuen Gleisen der HafenCity-Bahn U 4 aufgereiht. Anlässlich des 100-jährigen Bestehens fuhr die Hochbahn erstmals alle Generationen von U-Bahn-Fahrzeugen der Firmengeschichte auf.

Zuvor hatten die Züge bei einer Fahrzeugparade drei Runden auf der historischen U-3-Ringlinie gedreht - angefangen beim Ältesten, dem T-Wagen aus dem Jahr 1912, bis hin zum Jüngsten, dem neuen DT5.

An Schnickschnack wie Klimaanlage oder Fahrgastfernsehen war im 100 Jahre alten T11 nicht zu denken. Dafür konnten die Fahrgäste damals noch zwischen 3. und 2. Klasse wählen. Eine 1. Klasse gab es nicht - die war dem Kaiser vorbehalten, und der war bekanntlich nie in Hamburg mit der U-Bahn gefahren.

Aber die 2. Klasse kann sich sehen lassen. Das Interieur lässt die Herzen von Bahnfreunden noch heute höher schlagen: Mahagoniholz, Messinggriffe, mit grünem Polster bezogene Sitze, aufwendige Gepäcknetze und historische Werbetafeln: "In so einem Ambiente war Bahnfahren bestimmt ein Erlebnis", sagt Ursula Schoch. Die Poppenbüttlerin hat es sich auf einem der Plätze bequem gemacht und bekennt: "Da möchte man gar nicht mehr aufstehen."

Aber lange sitzen zu bleiben, war nicht möglich. Denn Tausende Besucher wollten in Nostalgie schwelgen. Da wurden Erinnerungen wach: "Meine Eltern haben für die Fahrt in der 2. Klasse 15 Pfennig bezahlt. Das waren noch Zeiten", sagt ein älterer Herr, der mit dem T11 in den 50er-Jahren zur Schule gefahren ist. Der T11 wurde 1970 ausgemustert. Das gilt auch für den DT1. Der erste Doppeltriebwagen dieser Baureihe wurde 1958 im U-Bahn-Netz eingesetzt, bis 1991 blieben die Fahrzeuge im Einsatz.

Aber ein DT1 rollt heute noch, und zwar auf Bestellung: Der restaurierte Salonwagen Hanseat mit Theke und Tanzfläche kann für Veranstaltungen gemietet werden. Gestern wurde dort nicht getanzt, aber die Besucher waren begeistert: "Hier könnte man doch mal eine richtig gute Party feiern und sich dabei durch das U-Bahn-Netz chauffieren lassen", sagte ein junger Mann.

Aber nicht nur im Untergrund, sondern auch auf dem Jungfernstieg konnten gestern Fahrzeuge mit Geschichte bestaunt werden. Die Hochbahn zeigte hier Busse aus vergangenen Zeiten. So einer ist auch der Daimler-Benz O 321 H, genannt Wagen 6495. Ausgestattet mit einer "selbsttragenden Fahrgastzelle" und einem Heckmotor stand das Modell in den 50er-Jahren für einen Wandel in der Automobilindustrie, nämlich für das Ende der Lkw-Rahmenbauweise. Typisch für die Generation dieser Busse war auch der rote Kunststoffbezug der engen Sitzbänke, die heute einen Kultcharakter haben: "Das hat doch was. In solchen Bussen sind meine Eltern schon mitgefahren", sagte Maurice Reupsch. Der Justizvollzugsangestellte wollte ein "bisschen in Nostalgie schwelgen" und war aus Wentorf gekommen.

Auch viele Zuschauer waren zur Fahrzeugparade auf der Ringlinie U 3 angereist, um 100 Jahre U-Bahn-Geschichte zu erleben. Hunderte standen alleine auf dem Bahnsteig der Haltestelle Landungsbrücken und erwarteten die Einfahrt der U-Bahn-Züge.

Auch Hochbahn-Vorstand Ulrich Sieg war dabei. Als der T11 vorbeifuhr, geriet der gestandene Hochbahner ins Schwärmen: "Dieses Modell repräsentiert die damalige Zeit und hat einfach Klasse." Insgeheim dürfte Sieg seinen Verkehrsmeister Kurt Müller beneidet haben, der durfte den alten T11 gestern steuern. Dessen Fazit: "Das ist wie eine Reise in die Vergangenheit. Da muss man noch richtig mit beiden Händen arbeiten."

Auch wenn Nostalgie schön ist, die Hochbahn blickt in die Zukunft: Die neue Modellreihe DT5 soll ab November regulär eingesetzt werden. Das Verkehrsunternehmen hat die Option, zunächst insgesamt 67 dieser Fahrzeugtypen zu bestellen.