Brechdurchfall-Epidemie hat die Hansestadt bisher verschont. Eltern sind in Sorge. Wie wird das Mittagessen der Schulen kontrolliert?

Hamburg. Der "Pichelsteiner" ist eine Spezialität von Bundesernährungsministerin Ilse Aigner (CSU). Gerade in der kalten Jahreszeit sei dieser bayerische Eintopf mit verschiedenen Fleischsorten und Kartoffeln, Karotten und Kohl eine nahrhafte Mahlzeit. Kochen habe sie in der Schule und von ihren Großeltern gelernt, erzählt die Politikerin in Hamburg. Sie habe gemerkt, dass es beim Essen nicht ausschließlich um gesunde Ernährung gehe, sondern vor allem um Ausgewogenheit: "Man muss auch mal genießen können."

Zusammen mit dem Hamburger TV-Koch Tim Mälzer hat Ilse Aigner am Montag den Wettbewerb "Klasse, Kochen!" gestartet. Dabei sollen Schüler aus ganz Deutschland Konzepte einbringen, wie die Themen Ernährung und Kochen in den Unterricht eingebaut werden können. Die zehn besten Ideen werden mit Übungsküchen für die jeweiligen Schulen prämiert.

Im Zusammenhang mit den massenhaften Fällen von Magen-Darm-Erkrankungen, an denen zahlreiche Schüler - vor allem im Osten des Landes - derzeit leiden, taucht die Frage auf, ob und wie in der Hansestadt gewährleistet werden kann, dass bei der Zubereitung von Lebensmitteln in Übungsküchen, Schulkantinen und bei Cateringservices die Hygienevorschriften eingehalten werden. In Ostdeutschland sind knapp 9000 junge Menschen erkrankt, die sich möglicherweise durch das Schulessen eines Cateringunternehmens infiziert haben. Mittlerweile geht man in Sachsen davon aus, dass ein aggressiver Norovirus eine Quelle der Erkrankungen sein könnte.

Seit der Einführung von Ganztagsschulen werden auch in Hamburg immer mehr Kantinen eingerichtet, die zum Teil von Cateringservices beliefert werden. Die Mittagsverpflegung ist Kriterium dafür, dass eine Schule zur Ganztagsschule werden kann. Derzeit verfügen 64 Grundschulstandorte bereits über Schulkantinen. In 48 Fällen werden diese von derzeit 24 verschiedenen Unternehmen beliefert. An 16 Schulen werden die Speisen vor Ort produziert. Aktuell haben 40 Stadtteilschulen ein Ganztagsangebot, davon haben 27 eigene Kantinen, 13 eine provisorische Lösung. Dort werden beispielsweise Lehr- und Hortküchen genutzt, um Mittagessen zuzubereiten.

Um zu garantieren, dass die nötigen Hygienevorschriften eingehalten werden, hat die Schulbehörde die Unternehmen dazu verpflichtet, Zeugnisse vorzulegen. "Als Anfang dieses Schuljahres aufgrund von Hygieneproblemen die Wentorfer Produktionsküche eines Caterers geschlossen wurde, der mehrere Hamburger Schulen mit Mittagessen beliefert hatte, haben wir sofort alle Essenszulieferer aufgefordert, uns die Kontrollberichte der Lebensmittelüberwachung zuzusenden", sagt Schulsenator Ties Rabe (SPD). "Die Einhaltung der Hygienevorschriften bei der Produktion von Mittagessen für die Schulen ist zwingend notwendig - zumal immer mehr Hamburger Schülerinnen und Schüler ein Ganztagsangebot mit Mittagessen wahrnehmen."

Aber nicht nur bei Cateringunternehmen, sondern auch in Produktionsküchen von Schulen werde regelmäßig kontrolliert. "Die Küchen werden wie eigenständige Gastronomiebetriebe behandelt, die bei regelmäßigen, unangekündigten Überprüfungen von den Bezirken kontrolliert werden", sagt Rico Schmidt von der Gesundheitsbehörde. Dies gilt auch für die derzeit bestehenden provisorischen Lösungen. Eine Grauzone gebe es lediglich bei der Ausgabe von Lebensmitteln bei Sonderveranstaltungen, bei denen Eltern das Essen für die Kinder zubereiten.

Auch für Kindertagesstätten und Krippen gibt es umfangreiche Hygienevorschriften, wie dort mit Lebensmitteln umgegangen werden muss. "Ähnliche Regelungen gelten auch für Tagesmütter", sagt Oliver Kleßmann, Sprecher der Sozialbehörde. Mit diesen Maßnahmen hofft die Stadt, Vorfälle wie jene in Ostdeutschland zu unterbinden. Grundsätzlich seien Großküchen jedoch nicht per se anfällig für schlechte Hygienezustände, meinen Experten. Auch Fernsehkoch Tim Mälzer vermutet hinter der Magen-Darm-Erkrankungswelle in Ostdeutschland keine grobe Fahrlässigkeit: "Großküchen an sich sind die sichersten und hygienischsten Orte, solche Mengen an Essen herzustellen", so der 41-Jährige. Auch Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) sagte bei der Veranstaltung in Hamburg, sie gehe davon aus, dass nach dem rapiden Anstieg von Krankheitsfällen nun "der Scheitelpunkt der Krankheitswelle" überschritten sei. "Dennoch arbeiten wir mit Hochdruck daran, alle Lieferketten zu überprüfen, um die Ursache zu finden."