Ein Nachruf von Jan-Eric Lindner

Lotte ist tot. Hamburgs umsorgteste Henne - und die mit dem teuersten Stall zudem - starb bereits am Montag, wie erst gestern aus Kreisen ihrer Versorger bekannt wurde. Lotte war gewiss auch Hamburgs berühmtestes Huhn, neben dem Gummi-Exemplar des Komikers Gottlieb Wendehals vielleicht. Denn Lotte logierte im noblen Marco-Polo-Tower in der HafenCity. Ein Haus, das den Begriff Stall wahrlich nicht verdient hat.

Nun haben sich Lottes Hühneraugen für immer geschlossen. Für Tierliebhaber sei an dieser Stelle eilig mitgeteilt: Lotte hat ein fast biblisches Federvieh-Alter erreicht. Was gewiss auch an der guten Pflege von Frauchen Susi gelegen haben wird. Denn Lotte war zuletzt ein krankes Huhn. Den Legedarm hatte ihr ein Arzt entfernt, und nun machte das Herz nicht mehr mit. Zudem hatte sie eine Form von Geflügelblutkrebs ereilt.

Stadtweit berühmt wurde Lotte durch einen Bericht im Abendblatt. Darin war zu lesen, dass Lotte die Fernsehsendung "Neues aus Büttenwarder" liebte und in früheren Jahren Reisen nach Italien, Bayern, an die Nord- und Ostsee machen durfte. Ja, Lotte, die einst aus einem Hühnerstall ausgebrochen war und sich ihr neues Frauchen quasi selbst ausgesucht hatte, war schon immer ein besonderes Federvieh. Ein Hundeleben hat sie gewiss nie geführt: Nach Süßgebäck, ihrer Leibspeise, die sie aber aus Gesundheitsgründen fast nie bekam, hätte sie sich alle acht Krallen lecken wollen, wenn sie es denn gekonnt hätte. Nun hat Lotte das helle Ledersofa im Marco-Polo-Tower gegen den Hühnerhimmel getauscht. Hoffentlich ist es ihr da nicht zu voll.