Herr Momsen ist Botschafter für die igs 2013 in Hamburg. Dem Abendblatt hat er markante Orte der Ausstellung in Wilhelmsburg gezeigt.

Seine große Klappe kennen die Hamburger aus seinen NDR-Reportagen etwa vom Rockfestival in Wacken, vom Shopping auf Helgoland oder vom Schützenfest in Dötlingen. Kultpuppe Werner Momsen, ewige 67, spricht über alles, was nicht bei drei im Fahrstuhl ist. Erkennungszeichen: der sandfarbene Cordanzug und die kleine Schiffermütze. Weil seine Frau Lisbeth seit Jahren auf ein künstliches Hüftgelenk wartet, nutzt er jede Gelegenheit, rauszukommen. Die wird er jetzt ausgiebig haben: Seit zwei Wochen ist er Botschafter der Internationalen Gartenschau (igs) 2013 in Wilhelmsburg. Die wirkt bisher noch in weiten Teilen wie eine Mischung aus Großbaustelle und Biotop. Aber ein paar Attraktionen sind schon begehbar. Was liegt näher, als den rüstigen Pensionär Momsen um eine Einführung zu bitten?

Wacker stapfen wir durch Sandhaufen, steigen über Betonbahnen und provisorische Brücken. Das Wetter spielt mit, Herr Momsen kommt in Fahrt und in seinem Cordanzug sogar stellenweise ins Schwitzen. Hat er noch Erinnerungen an die iga 1963 in Planten un Blomen? "Nee, das war vor meiner Zeit, da war der Autonome hinter mir noch nicht geboren."

Der Autonome, das ist sein maskierter Puppenführer Detlef Wutschik. Lisbeth hat Herr Momsen erst mal zu Hause gelassen, "wegen der Hüfte. Die Lisbeth ist schon in Ordnung, mit der kann man ne gerade Furche pflügen. Unser Verhältnis ist ja eher plutonisch." Sein Verhältnis zur igs ist ganz und gar nicht plutonisch, sondern erobernd. NDR-Fernsehgärtner John Langley, der Grüne Daumen der igs, kommt ein Stückchen mit, aber kaum zu Wort. Das hat jetzt - Herr Momsen.

Kletterwand

Die "Nordwandhalle" im neuen Wilhelmsburger Inselpark ist eine der größten Klettersportanlagen in Deutschland. Schon seit März 2012 erproben sich Mutige hier an bis zu 17 Meter hohen Wänden. Werner Momsen, sonst ausgewiesener Flachlandmatador: "Der Mensch möchte mit beiden Beinen auf dem Boden stehen und gleichzeitig hoch hinaus. Dafür braucht man solche Wände. Da kann man auch mal schräg ... Kann ich da drauftreten? Nun mag der Norddeutsche eigentlich überhaupt keine Berge. Die Eigernordwand zu besteigen kostet ja viel Kraft. Deshalb ist diese Nordwandhalle hier in Wilhelmsburg sehr praktisch. Man muss gar nicht mehr in die Harburger Berge fahren. Gib Gas mit dem Foto, sonst verkletter ich mich noch."

Kleingartenlauben

Auch Kleingartenkolonien beteiligen sich an der igs. Der Landesbund der Gartenfreunde stellt in einer neuen Anlage, dem "Siebener-Dorf", sieben neue Gartenlaubentypen vor, die sich um einen Gemeinschaftsplatz gruppieren. Herr Momsen: "Mir gefällt gut, dass die hier die Hecken weggelassen haben. Dadurch wird alles offener, im Garten kommt man doch schließlich zusammen. Und schöne Hütten sind das hier, schön rot und grün. Ich selber schaff mir lieber keinen Kleingarten an. Wenn ich jetzt auch noch auswärts in den Beeten wühlen müsste, würde bei mir alles verwelken. Da würden die mir nach einer Saison sagen: Also Werner, so geht das nicht, und mich aus der Kolonie zwangsausweisen."

Skaterbahn

Die neue Skaterbahn für Street- und Poolfahrer ist noch im Bau. Herr Momsen: "Das wird mal die größte Skateranlage in Hamburg.

Da können Sie hier so mit dem Skate rauf und dann wieder runter. Kann ich jetzt noch nicht zeigen, sonst fahr ich denen in ihren Betonmischer.

Für meine Lisbeth wär das Skaten aber nix. Die hat son bisschen Wasser in den Beinen."

Wildblumenknick

Zu den "fünf Kulturlandschaften der Metropolregion Hamburg", die auf der igs gezeigt werden, gehören auch die Holsteiner Knicks. Bis die Büsche angewachsen sind, wächst hier ein Meer von Wildblumen. Herr Momsen: "So soll's doch aussehen, nech? Vorsicht, hier pikt was. Das Einzige, was ich an Wildblumen nicht leiden kann, sind Brennnesseln. Der liebe Gott hat sich ja über alles Gedanken gemacht, aber bei den Brennnesseln hat er danebengegriffen. Wenn Sie das jetzt schreiben, heißt es morgen: Momsen ist gegen Brennnesseln, und dann stehen die Brennnesselschützer bei mir vor der Tür."

Kuckucksteich

Der Kuckucksteich ist bei den Wilhelmsburgern seit Jahren ein beliebter Platz zum Entspannen und Grillen.

Die Uferanlage hat jetzt einen großen Holzsteg bekommen.

Herr Momsen hängt testweise die Füße ins Wasser: "Kalt. Aber wie Sie sehen, brauch ich noch kein Fußdouble."

Rosenboulevard

Am Rosenboulevard blühen jetzt schon Tausende Rosen, für Herrn Momsen "die Königinnen der Blumen, die mag ich besonders leiden.

Ich selber hab ja nur son paar Quadratmeter Garten. Für die Feinheiten ist meine Frau zuständig, ich eher fürs Grobe, sie kann ja nicht mehr so gut knien.

Beim Jäten krabble ich gern ins Franzosenkraut und in den Löwenzahn." Beim Jäten und Pflanzen ist gerade auch Gärtner Musa Tunaoglu. Herr Momsen: "Wenn ich helfen kann - dann sagen Sie jetzt nichts."

Monorailbahn

Die Monorailbahn auf 235 Stelzen wird auf einem knapp 3,5 Kilometer langen Rundkurs Besucher durch die igs fahren, vorbei an Gärten, Kanälen, Kletterhalle, Kleingärten und am Hochseilgarten. Herr Momsen erklärt: "Blumen ziehen ja auch viele alte Menschen an, und die laufen nicht mehr so gerne. Womöglich geraten sie mit den Gehwagen in die Beete rein ... Die können sich in so einer Bahn bequem einen Überblick verschaffen. Sonst sehen die ja gar nicht, wo sie eventuell nicht hinwollen." Oben auf dem Gleis kommt Momsen ins Schwärmen: "Ich hab eine Sehnsucht nach Weite. Ich seh's schon vor mir, wie ich mich verliere in der Blütenpracht, zwischen den Bienen ..." Fernsehgärtner John Langley meint besorgt: "Werner, hast du auch deine Herztropfen dabei?"

Der Mann hinter Momsen

Geboren 1966 in Achim bei Bremen, hatte Detlef Wutschik schon mit zehn Jahren den ersten Auftritt - als Eichhörnchen in einem Schulmärchen. Seitdem hat er "jede Theater-AG mitgenommen". Nach dem Abitur machte der Sohn eines Malermeisters eine Lehre als Maler und wollte ein Figurentheaterstudium anschließen. Abgelehnt - "wegen mangelnder Eignung". Heute grinst er darüber. Er ging nach Hamburg, wo er neben dem Gewerbelehrerstudium Theater mit eigenen Puppen spielte, so in Ralf Königs Puppentheater "Kondom des Grauens". Mit Jens Heidtmann gründete er 1999 das Kabarettduo Männergestalten. Die Puppen machten sie selber - so wie Herrn Momsen.