Eine Glosse von Alexander Schuller

Nach einer Umfrage des Online-Portals Autoscout 24 hupt beinahe die Hälfte aller deutschen Fahrer selten und ungern. Selbst in extremen Gefahrensituationen sind es noch immerhin 20 Prozent, die lieber lautlos ins Hindernis hineinrauschen, anstatt auf sich aufmerksam zu machen und dem gefährdeten Verkehrsteilnehmer eine Chance zu geben, im letzten Moment vor dem Zusammenprall aus dem Weg zu verschwinden. Ruhe ist schließlich erste Bürgerpflicht.

Doch es gibt eine Ausnahme: Dann nämlich, wenn zwei Menschen beschlossen haben, den Bund fürs Leben zu besiegeln. Und wenn es dann vom Standesamt oder der Kirche zu weit ist zur Feierstätte - und das ist es ja praktisch immer -, setzt sich der gefürchtete Autokorso in Bewegung.

Und der Wahnsinn auf der Straße beginnt, der für gewöhnlich von all denjenigen, die nicht am kollektiven Hupkonzert beteiligt sind oder gar keine Möglichkeit zum Hupen besitzen, als entsetzlich störend empfunden wird. Merkwürdig, dass selbst die Polizei stets Schwerhörigkeit vortäuscht.

Die hysterische Huperei hat sich inzwischen zum stadtweiten Ritual entwickelt, wobei wir zusätzlich auch noch scheppernde Blechdosen an die Stoßstange des Brautautos binden. Was anderes wäre es, wenn sich die Brautpaare an einen wirklich alten norddeutschen Hochzeitsbrauch erinnern würden, der darin besteht, mit reichlich Lärm auf sich aufmerksam zu machen, um von Passanten angehalten werden zu können und kleine Geldgeschenke oder wenigstens eine Runde Schnaps auszugeben - aufs eigene Glück.

Wer das jedoch heute versucht, wird unter Garantie überrollt werden. Und dann würde der Fahrer noch frech behaupten, er habe gehupt. Mehrfach sogar!