Der Stadt fehlen Geld und Personal, um die Neue Mitte Altona selbst zu realisieren

Manchmal sind es gerade frohe Botschaften, die verraten, dass da reichlich Nervosität im Hintergrund mitspielt. So hat Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) verkündet, dass man sich für das ehrgeizige Wohnungsbauprojekt Neue Mitte Altona mit dem Investor ECE in wesentlichen Punkten geeinigt habe und generös auf ein Vorkaufsrecht verzichte, weil der eigentlich in der Entwicklung von Shoppingcentern geübte Hamburger Konzern auf der Brachfläche am Bahnhof Altona auch dringend benötigte Sozialwohnungen bauen werde.

Das ist lobenswert. Allerdings muss man bedenken, dass ECE die 45 000 Quadratmeter bereits im Frühsommer von Holsten gekauft hat. Man darf getrost davon ausgehen, dass sich ECE-Chef Alexander Otto oder seine Mitarbeiter zuvor von Senatsvertretern, wenn nicht vom Bürgermeister selbst, schon hat versprechen lassen, auf ein solches Vorkaufsrecht zu verzichten. Und im Gegenzug den Bau der Wohnungen zugesagt hat.

Wenn Blankau die Umsetzung der Vereinbarung verkündet, hat das einen guten Grund, denn die Verhandlungen zwischen Investoren und der Stadt über Kostenbeteiligungen bei dem Projekt haben sich deutlich in die Länge gezogen. Eine positive Meldung kann da nicht schaden.

Den Abschluss der Verträge erwartet sie erst im kommenden Jahr. Auch die Bürgerschaft braucht viel länger als erwartet. Ursprünglich sollten auf dem weitgehend brachliegenden Gelände schon in diesem Jahr die Bagger anrollen - nun entscheidet Hamburgs Parlament erst in zwei Wochen über den Masterplan, der Grundlage für konkrete Bebauungspläne ist. Und für deren Erarbeitung brauchen die Behörden aller Erfahrung nach noch mal gut eineinhalb Jahre.

Die Verzögerungen haben viele Gründe. Zum einen hat Hamburg ein sehr umfangreiches Bürgerbeteiligungsverfahren gestartet, das zu kritischen Nachfragen führt. Gebremst wird das Projekt auch, weil sich die Bahn mit ihrer geplanten Verlegung des Fernbahnhofs unverantwortlich viel Zeit lässt. Offen ist daher immer noch, ob der zweite Abschnitt überhaupt gebaut werden kann. Der Bahn muss von der Politik noch deutlicher als bisher klargemacht werden, dass sie eine faszinierende Innenstadtentwicklung in Hamburg blockiert.

Aber auch die Politik meldet zahlreiche Wünsche an. Möglichst günstig sollen die Wohnungen werden, behindertengerecht sowieso, und autoarm soll der Stadtteil sein. Eine Schule soll dort gebaut werden sowie ein großer Park. Doch welcher der Investoren gibt dafür Flächen her, wer muss auf Rendite verzichten? Auch unter den beteiligten Unternehmen gab und gibt es zähe Verhandlungen.

Gleichzeitig legen Kritiker den Finger in eine Wunde: Warum, so fragen sie, überlässt die Stadt die mit Sicherheit zu erwartende Bodenwertsteigerung eigentlich privaten Unternehmen? Warum macht sie nicht doch vom Vorkaufsrecht Gebrauch, finanziert aus dem Gewinn die Erschließung und verkauft das Areal an viele, statt es im Wesentlichen zwei Großunternehmen zu überlassen?

Wer in den Behörden nachfragt, bekommt hinter vorgehaltener Hand eine deutliche Antwort. Es fehlen der Stadt Geld und Personal, um ein großes Vorhaben mit 3500 geplanten Wohnungen zu realisieren. Das mag stimmen. Deshalb ist die Einigung zwischen ECE und Stadt wohl ein Fortschritt. Aber kein Grund, darauf zu vertrauen, dass alles seinen Gang geht und dort irgendwann neue günstige Wohnungen stehen. Die Lage mitten in der Stadt ist eben zu verlockend, sie möglichst teuer zu verkaufen. Doch diese Lage bietet auch die Chance auf bezahlbare Wohnungen in zentraler Lage. Das lässt noch manche Diskussionen erwarten. Auch wenn es nun so aussieht, als habe man sich bestens geeinigt.