Eine Glosse von Alexander Schuller

Es ist 8 Uhr morgens, als das Inferno über uns hereinbricht. Denn dort unten, im Innenhof liegen sie: 56 gelbe Linden-, 46 Birkenblätter, Vorboten des dräuenden Herbstes einerseits, lang erwartetes Startsignal für unsere ukrainischen Hausmeister Pjotr und Sergej andererseits, ab jetzt nur noch dick vermummt bis über beide Ohren ihren wöchentlichen Gartendienst anzutreten.

Dick vermummt heißt in diesem Fall: Beide tragen einen Gehörschutz. Und in ihren Händen jeweils ein Gerät, das an eine Panzerfaust erinnert. Vermutlich ist eine Bazooka sogar leiser als die beiden Laubsauger, mit denen Pjotr und Sergej nun regelmäßig dafür sorgen werden, den Innenhof vom Herbstmüll zu befreien. Insofern ist der Gehörschutz sinnvoll. Wir Mieter sollten vielleicht ihrem Beispiel folgen.

Denn es ist ein großer Innenhof, auf dem ein halbes Dutzend Laubbäume hinterlistig nur darauf warten, ihre Blätterpracht abzuwerfen. Mit Pjotr und Sergej verbindet sie offensichtlich eine große Freundschaft. Pjotr bläst die Blätter unter den Hecken und Büschen und hervor. Sergej saugt sie auf. Die Männer haben sichtlich Spaß an ihrer Arbeit. Sie lachen viel.

Doch dieser Donnerstagmorgen Anfang September ist erst der Anfang. Woche für Woche wird das nun so gehen, bis wirklich alle Blätter von den Bäumen heruntergesegelt sind und von Pjotr und Sergej verblasen, aufgesaugt, zerhackt sind.

Dabei schützt das Laub in den Beeten die Pflanzen vor Frost und Austrocknen. Es ist winterlicher Überlebensraum für Igel, Spitzmäuse und Kröten. Und weil auch Regenwürmer, Schmetterlingspuppen, Tausendfüßler und Spinnen in der kalten Jahreszeit nicht frieren wollen, sollte man es ganz einfach liegen lassen, im Innenhof. Hamburg ist schließlich eine grüne Stadt, oder etwa nicht?