Für Sicherungsverwahrte stehen alle 104 Stadtteile bereit

Warum wieder wir? Diese Frage stellen sich die Menschen in Moorburg, seit sie erfahren haben, dass drei ehemalige Schwerverbrecher aus Jenfeld in ihren Stadtteil umziehen sollen. Sie haben schon ein Kraftwerk, demnächst beginnen in ihrem Dorf die Bauarbeiten für die Autobahn 26, und sie sollen, weil seit 1982 Hafenerweiterungsgebiet, auf einer Fläche von 45 Hektar eine mehr als 30 Meter hohe Deponie für giftigen Hafenschlick bekommen. Die Bewohner des ältesten Hamburger Stadtteils südlich der Elbe haben das Gefühl, dass der Senat ihr Umfeld als Müllkippe benutzt.

Gleichzeitig geht es aber auch darum, dass Hamburg als Bundesland das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umsetzen muss, wonach Verurteilte nach Verbüßung ihrer Haftstrafe und anschließender zeitlich befristeter Sicherungsverwahrung nicht noch einmal nachträglich in Sicherungsverwahrung genommen werden dürfen. In unserem Rechtssystem bekommt jemand eine Chance zur Rehabilitation, wenn er seine Strafe verbüßt hat. Dass die früheren Straftäter auch unter uns leben können, ist Voraussetzung in unserem Rechtsstaat. Und genauso rechtsstaatlich ist es, dass die Moorburger protestieren und sich im Rahmen der Regeln gegen die Ansiedlung der Sicherungsverwahrten wehren.

Die Verbitterung der Moorburger ist verständlich, weil sie sich vor vollendete Tatsachen gestellt fühlen und dem Senat vorwerfen, nicht vorher mit ihnen gesprochen zu haben. Aber wie hätte der Senat die Pläne kommunizieren sollen, ohne nicht gleich im betroffenen Gebiet auf massiven Widerstand zu treffen? Das Rathaus weiß, dass keiner der 104 Hamburger Stadtteile freiwillig "hier" schreit.

Unerfreuliche Veränderungen finden meist in ohnehin problembeladenen Stadtteilen statt. Es ist nicht bekannt, dass im Senat auch nur ansatzweise über einen Standort in den sogenannten besseren Stadtteilen nachgedacht worden ist. Weil dort mehr Wählerstimmen zu verlieren sind?