Sie befreien Straßen, Bahnen, Parks und Wasser von Schmutz. Vier Profis und Ehrenamtliche erzählen, was sie aufregt - und was sie fasziniert.

Hamburg. Sie wischen und bohnern. Sie fegen und sammeln. Sie überwachen und steuern. Sie misten aus und richten her. Mehr als 10.000 Menschen sorgen jeden Tag für Ordnung und Sauberkeit in unserer Stadt. Das Abendblatt hat vier von ihnen begleitet.

+++ Eine App für die Tonne: Unterwegs den Abfall im Blick +++

+++ Strandputzer sammeln 150 Kilo Müll an der Elbe +++

+++ Der Sommer ist zurück und damit auch der Müll +++

Der Kümmerer von St. Georg

Man kennt sich. Schon ziemlich lange. Küsschen links, Küsschen rechts - die Begrüßung eines Taxifahrers am Hansaplatz in St. Georg fällt besonders herzlich aus. Die meisten hier nicken freundlich, wenn Robert Szwejk auf Patrouille geht. Er antwortet dann in der Regel mit einem dröhnenden "Mahlzeit!" Doch an einem Schnack mit den Alten kommt er nicht vorbei. "Die fangen einfach an zu quatschen. Wie schnell ist da eine halbe Stunde rum. Aber dafür sind wir ja auch da."

Robert Szwejk ist der Kümmerer von St. Georg, dem "kleinen Kiez", mitverantwortlich für das saubere Erscheinungsbild des Stadtteils zwischen Alster und Steindamm. Ein Arbeitsplatz, der ihn geprägt hat. "Obwohl ich draußen in Schnelsen wohne, kann ich mich mit St. Georg identifizieren. Bin ja schon ein Stadtmensch, und hier spielt das Leben. Meinen Ruhepol habe ich zu Hause, nach Feierabend."

Seit fünf Jahren sind insgesamt 15 Kümmerer, allesamt bei der Hamburger Stadtreinigung beschäftigt, in den Straßen unterwegs. Ihr Job: die schnelle Beseitigung von Abfall und Schmutz. "Überfüllte Mülltonnen leeren, Laub und Abfall zusammenkehren und illegalen Sperrmüll beseitigen. "Wir sind eine Taskforce: Immer sofort da!", sagt der 36-Jährige stolz. Arbeit gebe es genug. "In St. Georg könnte man 24 Stunden sauber machen." Szwejk ist ein stämmiger Typ, sein Bart akkurat gestutzt, den Namen seiner Frau hat er sich auf den rechten Unterarm tätowiert.

Wenn er im Stadtteil unterwegs ist, zeigen sich potenzielle Müllsünder reumütig. Das sei ihm schon länger aufgefallen. "Da landet selbst die dünne Plastikhülle der Zigarettenschachtel plötzlich im Abfalleimer." Doch hinter seinem Rücken stapelt sich dann schon wieder der Unrat der Händler, das weiß Szwejk auch. Wenn er dann durchgreift, heißt es: "Jungs, wir müssen hier mal andere Seiten aufziehen." Doch nur selten gerät der kernige Kümmerer mit den Müllsündern aneinander. Die zeigen sich lieber einsichtig - wenn auch nicht sehr lange. Schwer wiege, dass seine Arbeit für die Leute mittlerweile selbstverständlich geworden sei. "Dadurch, dass die Leute wissen, dass hier immer jemand für Sauberkeit sorgt, ist es sogar mehr Müll geworden", sagt Robert Szwejk, "aber aufgeben, nee, das kommt gar nicht in Frage!"

Die Perle der Unterwelt

Wenn andere noch schlafen, arbeiten sie sich gerade warm. Catherine Agyemang und ihre Kollegen halten den Reinigungsapparat der Hochbahn in Bewegung. "Seit sieben Jahren bin ich dabei: Scheiben und Böden putzen - und an den Bahnhöfen oder während der Nachtschicht auch mal in den Zügen der U-Bahn sauber machen.", sagt sie. Die 25-Jährige ist ausgebildete Glas- und Gebäudereinigerin: Sie steht im Auftrag des Dienstleisters Tereg. "Als ich erfuhr, dass es für das Saubermachen einen Lehrberuf gibt, habe ich mich sofort beworben." Nach ihrem Realschulabschluss hatte sie nicht gewusst, was sie machen sollte. Früher hatte sie schließlich ihrer Mutter häufig beim Saubermachen geholfen. Doch mit der Ausbildung begann auch ihr ständiger Kampf gegen die Vorurteile des Berufsbildes. "Einige Leute verhalten sich mir gegenüber respektlos, weil die gar nicht wissen, dass meine Arbeit auch ein Lehrberuf ist.", sagt sie, "die denken, ich wäre ein Dummkopf." Sie sei dennoch mit Leidenschaft dabei, nur manchmal falle ihr der Alltag schwer. "Ich würde mir vor allem wünschen, dass die Menschen unsere Arbeit mehr schätzen.", sagt sie, "das tut schon weh, wenn man putzt und aufräumt und am nächsten Tag sieht es wieder genauso schlimm aus."

Inzwischen ist sie nur noch selten in den unterirdischen Bahnhöfen unterwegs, denn als Fachkraft übernimmt sie jetzt häufiger Spezialeinsätze in Privatwohnungen. Hier bekommt sie die Wertschätzung, die an anderer Stelle fehlt. "Was man von den Bürgern hier nicht erhält, kriegt man dort zurück", sagt sie mit einem Lächeln, "und gerade ältere Menschen sind häufiger regelrecht dankbar, wenn man sich mal mit ihnen unterhält."

Der Saubermann von Hamm

Manchmal erntet Lars Schiewe verwunderte, aber auch mitleidige oder abschätzige Blicke - doch darüber schaut er großzügig hinweg. "Wenn manche Leute sehen, wie ich aufräume, kommt es durchaus vor, dass die plötzlich mitmachen - selbst die Kinder."

Sein Einsatzgebiet ist ein kleiner Spielplatz im Thörls Park in Hamm. Schiewe ist beinahe täglich mit seinem kleinen Sohn zum Spielen dort. "Bis vor kurzer Zeit hatte ich kein Bewusstsein und kein großes Interesse für die Sauberkeit dort", sagt der 35-Jährige, "das alles kam erst mit dem Sohnemann." Da fanden die Eltern im Sandkasten sogar tote Mäuse, Tampons und zerbrochene Wodkaflaschen.

Seit zehn Jahren wohnt der Groß- und Außenhandelskaufmann in Hamm, seit einem Jahr kümmert er sich um den Spielplatz. Diese Aufgabe ist ihm mittlerweile zur Herzensangelegenheit geworden. Ungern erinnert er sich an die Startschwierigkeiten seines freiwilligen Engagements: "Ich bin von Pontius zu Pilatus gerannt um eine Müllzange und Säcke zu bekommen." Das zuständige Bezirksamt Hamburg-Mitte wies ihn ab, weil keine Mittel zur Verfügung standen.

Erst bei der Stadtreinigung fand er schließlich Gehör. "Die hat sicherlich ein Auge zugedrückt. Normalerweise geben die nichts raus.", sagt Schiewe, "aber ich wollte es einfach nicht so akzeptieren, wie es war. Ich wollte ein bisschen Einfluss nehmen." Längst hat sich sein ehrenamtliches Engagement in Hamm herumgesprochen, und Müll findet er immer seltener. "Offenbar zahlt mein Einsatz sich aus!"

Der Herr der Schlämme

Sein Arbeitstag beginnt mit einer Barkassenfahrt. Jeden Morgen schippert Bernd Schlotter wahlweise von den Landungsbrücken oder dem Fischmarkt zum Klärwerk Köhlbrandhöft, am Südufer der Elbe. Der Abwassermeister ist Herr über die zehn Faultürme der Anlage, die von den Touristen gerne auch "Eier" genannt werden. Das sei jedoch gar nicht mal so weit hergeholt, sagt er, denn dieses letzte Puzzleteil im Abwassersystem der Stadt sei nun mal ein sehr sensibler Bereich. "Hier steht die meiste Technik der Kläranlage!" Die Hände macht er sich nur noch selten schmutzig. In den Faultürmen sammelt sich der gereinigte Schlamm aus Vor- und Nachklärung. Der ist bereits nahezu geruchsneutral und besteht aus Stoffen, die nicht zersetzt werden können.

Das Material wird in den Tanks dann bei exakt 36 Grad, luftdicht abgeschlossen, "ausgefault". Dabei entsteht Biogas mit dem das Klärwerk autark von Energie und Wärme arbeiten kann. Alles vollautomatisch. "Als ich 1983 angefangen habe, sah die Situation noch anders aus", erinnert sich Bernd Schlotter, "damals haben wir mehr Energie verbraucht, als man sich vorstellen konnte. Ein enormer Kostenfaktor."

Schlotter macht einen Fulltime-Job. Bei Rufbereitschaft muss er 24 Stunden erreichbar sein, und bei einem Notfall zählt jede Minute. Genauso ernst ist ihm das Thema Sauberkeit. "Ich sehe schließlich jeden Tag, was hier angespült wird und was uns Probleme im Abwasser bereitet", sagt Schlotter, "vor allem Ohrenstäbchen sind ein riesiges Problem. Hier kommen so viele davon an, dass wir Container damit füllen könnten." Entschädigt wird er durch den Blick auf die Elbe, die immer wieder für Überraschungen sorgt. "Wir haben vor zwei Monaten einen großen Tümmler in der Elbe gesehen - das ist eine Delfin-Art", sagt Bernd Schlotter, "eine Robbe wurde hier auch schon angespült."