Die Wohnungsnot in Hamburg treibt Menschen in die Obdachlosigkeit

Die Erkenntnis, dass Hamburg ein Wohnungsproblem hat, ist nicht neu. Wohnraum ist an Elbe und Alster knapp und teuer. Das ist seit Jahren ein großes Thema. Und seit Jahren gibt es immer wieder neue Versprechen der Politik, etwas Wirksames gegen die Wohnungsnot zu tun.

Neu sind allerdings die dramatischen Auswirkungen des altbekannten Problems: Auch der Mangel an Wohnungen im reichen Hamburg treibt immer mehr Menschen in die Wohnungs- und letztlich in die Obdachlosigkeit. Die chronische Überlastung der Notunterkunft Pik As ist ein Alarmzeichen für Hamburg. Während der Wohlstand der Stadt auf der einen Seite wächst und die Arbeitslosigkeit auf langjährige Rekordtiefe sinkt, wächst auf der anderen Seite auch die Not.

Bürgermeister Olaf Scholz hat vor seiner Wahl 2010 versprochen, bis 2014 jährlich 6000 neue Wohnungen in der Hansestadt zu schaffen. Auch wenn es viele positive Ansätze gibt und sicherlich die Zahl der fertiggestellten Wohnungen zum Ende der Legislaturperiode noch steigen wird: Von dem selbst gesteckten Ziel ist die SPD-Regierung im Rathaus noch weit entfernt. Natürlich nimmt auch der Bau hochwertiger Eigentumswohnungen wie sie derzeit überall in der Stadt auch als Anlageobjekte für Euro-besorgte Bürger entstehen den Druck auf den bezahlbaren Wohnraum. Je mehr Wohnungen es in attraktiven Innenstadtlagen gibt, desto größer bleiben die Chancen für niedrige Mieten in anderen Stadtteilen.

Es muss aber auch verstärkt günstiger Wohnraum geschaffen werden für all jene, die ganz am Ende der Mieterschlange stehen. Denn sie bleiben ansonsten chancenlos. Die Übernachtung vor den Schaufenstern in der Innenstadt, unter Brücken oder in Kellern darf nicht länger die Alternative sein.

Die Kooperationen der Hamburger Sozialbehörde mit Baugenossenschaften und Wohnungsbaugesellschaften sind ein richtiger Ansatz, die Not der Betroffenen zu lindern. Dass das bereits Begonnene allein nicht reichen wird, liegt beim Blick auf die nüchternen Fakten auf der Hand. An nur einen Bruchteil der wohnungslos gemeldeten Menschen konnte bislang eine neue eigene Bleibe vermittelt werden. Das ist definitiv zu wenig. Am Ende stellt sich die Frage, ob Förderung und Flächenausweisung bisheriger Art allein reichen. Oder muss die Stadt in diesen eher unattraktiven Problembereichen gar wieder selbst zum Bauherrn werden?

Wie ernst das Problem zu nehmen ist, zeigt eine Lebensweisheit, die die Betroffenen derzeit wohl täglich am eigenen Leib zu spüren bekommen: Ohne Wohnsitz gibt es keine Arbeit, ohne Arbeit kein Geld, um eine Wohnung zu bezahlen. Es ist ein Teufelskreis, in den immer mehr Menschen in dieser reichen Metropole geraten. Die Stadt muss diesen Menschen helfen, wieder auf eigenen Beinen zu stehen und in den eigenen vier Wänden zu leben.

Ziel muss dabei auch immer sein, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Am Ende müssen Bürger stehen, die Arbeit haben - und von dieser Arbeit auch leben und wohnen können. Das ist im Zweifel keine dauerhafte Unterstützung aus der klammen Kasse der Sozialbehörde, sondern eine Investition in die Zukunft. Die Zeiten dafür sind so günstig wie nie. Bei vergleichsweise niedriger Arbeitslosigkeit sind die Chancen auch für die Schwächsten der Gesellschaft größer. Die Stadt muss diese Chance nutzen - um den Notleidenden eine Chance zu geben.