Eine Glosse von Axel Ritscher

So, wie der Tod zum Leben gehört, ist auch die sommerliche Unterarmnässe eine Geißel des Daseins, die sich nicht abschaffen lässt. Alle Deos der Welt konnten bisher nicht mehr ausrichten als die moderne Medizin. Sie kann den Tod zwar immer weiter hinauszögern, aber eintreten tut er noch immer zuverlässig. Mit dem Schweißfleck des 21. Jahrhunderts ist es praktisch dasselbe. Zwar wird er im öffentlichen Leben weitgehend tabuisiert, hält sich aber unter der Hand hartnäckig in den Nischen schlecht klimatisierter Büros und anderer, aus gewerkschaftlicher Sicht verbesserungswürdiger Wirkungsstätten harter Arbeiter.

Das war nicht immer so. Noch in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts ließ das Werbefernsehen in Vorwegnahme heutiger Reality-TV-Shows eine junge Dame in knapper Bluse frontal über die Peinlichkeiten ihrer Existenz plaudern und am Ende ihrer Ausführungen den Arm heben. Die Kamera hielt schamlos auf ein kreisrundes Dunkel um ihre Achselhöhle. Das folgende Produktversprechen vom Ende solcher Unzulänglichkeiten nach äußerlicher Anwendung eines wunderbaren Rollers wurde natürlich nicht eingehalten. Die Natur war stärker als die Industrie. Wahrscheinlich deshalb ist Mitteilsamkeit dieser Art selten geworden. Niederlagen tun weh. Heutige Deo-Bewerber versprechen den wilden Wohlfühlrausch der Frische sicherheitshalber meist nur noch für den kurzen Moment unmittelbar nach dem Verlassen der Duschkabine. Vom Schweiß ist nicht mehr die Rede. Und von der Unmöglichkeit seiner Beseitigung schon gar nicht.

Geistliche beklagen, dass die Niederlage, von der der Tod nur die ärgerlichste Ausprägung darstellt, eher verdrängt als in die Existenz integriert wird. Und, wenn ich das richtig verstanden habe, sprechen sie über den Tod Gottes nur deshalb nicht, weil er ja noch am Leben ist. Sie raten zur inneren Einkehr. Heute Morgen habe ich das Deo fest angesehen und vor mich hingemurmelt. "Lieber Roller, mach, dass ich nicht mehr stinke." Es hat funktioniert. Als ich aus der Dusche stieg, hatte ich ein Lächeln im Gesicht und fühlte mich frei.