Der 60-jährige Pädagoge schweigt aus prozesstaktischen Gründen zu den schweren Vorwürfen. Wird er verurteilt, droht ihm die Kündigung.

Wandsbek. Die Schulbehörde hat Hartmut H. aus dem Unterricht entfernt - das ist durchaus üblich, wenn strafrechtliche Vorwürfe gegen Lehrer erhoben werden. Hier steht aber auch noch der Verdacht im Raum, dass der 60-Jährige Schülerinnen gequält und misshandelt hat. Seit einigen Monaten arbeitet er deshalb nicht mehr an der Gyula-Trebitsch-Schule in Tonndorf, sondern sitzt in einem Behördenbüro.

Im Frühling 2011 soll der Mathelehrer während des Unterrichts die Köpfe seiner Schülerinnen Larissa und Saskia (Namen geändert) schmerzhaft zusammengestoßen und die Attacke mit den Worten "Ich ärgere Saskia am liebsten, weil sie sich nicht wehren kann" kommentiert haben. Zudem soll er drei weitere Fünfklässlerinnen drangsaliert haben: Laut Staatsanwaltschaft presste er die Hände einer Schülerin so heftig zusammen, dass sie vor Schmerzen weinte, drückte den Kopf eines Mädchen auf eine Schulbank, zwang ein anderes, 50 Kniebeugen zu machen.

+++ Lehrer muss für Kussattacken hohe Geldstrafe zahlen +++

Die Mutter einer Schülerin hatte den an der Schule beliebten Pädagogen angezeigt, gegen ihn wird seit Freitag im Amtsgericht Wandsbek wegen Körperverletzung im Amt und Nötigung verhandelt. Aus prozesstaktischen Gründen schweigt der 60-Jährige. Allerdings finden sich, so das Gericht, in den Akten Hinweise darauf, dass die Züchtigungen "derbe-ironisch" und "scherzhaft" gemeint gewesen sein könnten. Auslöser sei womöglich die Aufforderung der Klassenlehrerin gewesen "härter durchzugreifen". Es handele sich um "symbolische Handlungen" ohne "entwürdigenden Charakter", sagte Verteidiger Andreas Karow. "Das ist wie, wenn Jürgen Klopp einem Spieler, der gerade ein Tor geschossen hat, eine Ohrfeige gibt. Das tut weh, ist aber sozial adäquat". Karow spielte bis 1979 im HSV-Profikader.

Ob den Schülerinnen eine Aussage erspart bleibt, hängt von Hartmut H. ab. Schweigt er weiter, folgt eine umfangreiche Beweisaufnahme. Ein Geständnis oder Teilgeständnis will er jedoch nur ablegen, wenn garantiert ist, dass er zu einer Geldstrafe von maximal 90 Tagessätzen verurteilt wird. Sollte die Strafe höher ausfallen, wäre der nicht-verbeamtete Lehrer seinen Job los. Über eine Verständigung ließe sich reden, so der Staatsanwalt. "Aber wird das Zufügen von Schmerzen als sozial adäquat dargestellt, ist die Tür zu einer Verständigung wieder zu."