Eine Glosse von Nico Binde

Liebe Laugenbrezel, ich mag dich nicht besonders, aber ich schreibe dir trotzdem. Denn seit einiger Zeit frage ich mich, warum du hier eigentlich so beliebt bist. Inzwischen ist es ja egal, wo man in Hamburg hingeht. Du, liebe Brezel, bist schon da. Strandperle, Staatsoper, Laeiszhalle, Stadtpark, Altonaer Theater - überall hängst du an praktischen Ständern oder stapelst dich in Weidenkörbchen. Verbrezelisierungstendenzen allerorten. Deshalb frage ich, auch im Namen des an den Rand gedrängten Franzbrötchens: Raus mit der Sprache, Brezel, warum du und nicht der Hefezopf?

Gerade in den Pausen von Kunstaufführungen bietest, nein, biederst du dich an. Manche vermuten in deiner Omnipräsenz bajuwarischen Kulturimperialismus. Andere sagen, es müsse an deiner Form liegen. Betende Arme, lächelnder Mund, Sportlenkrad - unter dem Deckmantel des niedlichen, kleinen Schlingstücks verbirgst du viele Gesichter. Doch das Salz auf deiner Haut - es brennt.

Dank deiner Griffe kann man dich prima auf Dirigenten werfen, mit der Zeit reifst du zu trittfesten Mahnmalen, die Bäcker führen dich als Zeichen ihrer Zunft. Schon klar, du bist beliebt. Aber wenn Frauen wüssten, wie monoton du hergestellt wirst, würden sie nicht davon reden, sich aufzubrezeln. Immer nur kneten, rollen, ziehen, schlingen, kneten, rollen, ziehen, schlingen - das kann niemand gut finden. Doch so buken dich Bäcker in die Herzen der Norddeutschen. Allerdings nicht in meins. Die Liebe zur Brezel, sie bleibt mir ein Rätsel.

Schöne Grüße trotzdem, auch vom Franzbrötchen. Denn wir sehen uns bald wieder. Ganz bestimmt.