Die britische Firma Bostonair bietet Flugzeugwartung in Hamburg an - der erste Kunde ist ausgerechnet eine Lufthansa-Tochter.

Hamburg. Zwei Jets passen in den Hangar H am Hamburger Flughafen, doch an diesem Vormittag ist die Halle leer. Für Gerhard Engelbrecht, Geschäftsführer der Bostonair GmbH, bedeutet es, dass seine Kollegen gut gearbeitet haben. Denn die acht in Hamburg stationierten Regionalflieger von Eurowings, für deren Wartung Bostonair verantwortlich ist, müssen nur dann in die Halle, wenn etwas nicht in Ordnung ist - von geplanten Reinigungsterminen und den regelmäßigen umfangreicheren Checks im mehrwöchigen Rhythmus abgesehen. Routinetätigkeiten wie die Überprüfung von Reifen und Bremsen oder das Auffüllen von Öl finden draußen auf dem Vorfeld statt.

Das kleine Büro von Engelbrecht liegt nur ein paar Schritte von der rund um die Uhr besetzten Einsatzzentrale im Hangar entfernt. Die kurzen Wege seien wichtig für schnelle und effektive Abläufe: "Jede Stunde, die ein Flugzeug bei uns steht, ist kostbar und muss optimal genutzt werden."

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Seit Dezember führt Bostonair Wartungsarbeiten in Hamburg aus, 20 Beschäftigte hat die Firma hier. Die Neuansiedlung hat am Markt für Aufsehen gesorgt, denn so viele Konkurrenten gibt es in der Hansestadt nicht: Neben Lufthansa Technik sind es vor allem die Wartungsbetriebe der Fluggesellschaften Air Berlin und Germanwings. "Wir sind der größte unabhängige Anbieter am Standort", sagt Engelbrecht im Gespräch mit dem Abendblatt. Hinzu kommt: Eurowings ist eine Lufthansa-Tochter, trotzdem erhielt ein konzernfremder Dienstleister den Wartungsauftrag. Engelbrecht erklärt das mit dem immer schärferen Wettbewerb unter den Airlines und dem daraus resultierenden Spardruck: "Als kleines Unternehmen haben wir eine viel schlankere Kostenstruktur."

Dennoch sehe man sich nicht als Gegner von Lufthansa Technik: "Wir wollen miteinander arbeiten, nicht gegeneinander." So ist vertraglich vereinbart worden, dass Engelbrechts Kollegen fallweise bestimmte Prüfgeräte von Lufthansa Technik nutzen dürfen.

Auf einem anderen Feld ist der Konzern schon seit Jahren ein Kunde von Bostonair: Die britische Muttergesellschaft - benannt nach der Stadt Boston in Lincolnshire, Heimat des Unternehmensgründers Sir Fred Parkes, der einst die weltgrößte private Fischereiflotte betrieb - ist seit 1998 eine spezialisierte Zeitarbeitsfirma für den Luftfahrtsektor.

Sie verleiht qualifiziertes Personal, zum Beispiel Prüfer mit sehr gefragten Berechtigungen, unter anderem an Lufthansa Technik und an Airbus. Knapp 150 Ingenieure und Techniker sind derzeit bei solchen Kunden in Deutschland aktiv, schätzt Engelbrecht - und die Zahl soll weiter wachsen: "Wir suchen rund 50 neue Mitarbeiter allein in Norddeutschland." Offene Stellen gibt es aktuell vor allem für Strukturmechaniker, Ausstattungsmechaniker sowie -elektriker, außerdem Maler und Lackierer.

Insgesamt hat Bostonair in Europa knapp 400 Beschäftigte. Im Bereich Flugzeugwartung arbeitet das Unternehmen außer für Eurowings in Hamburg auch für die Jet-Flotte des Paketdienstes DHL in Leipzig und Osteuropa sowie für den irischen Billigflieger Ryanair in Bristol, Pisa und Bergamo.

Auch für das Wartungsgeschäft in Hamburg hat Engelbrecht Wachstumspläne: "Immer mehr Fluggesellschaften werden auf uns aufmerksam. Wir führen Gespräche darüber, weitere Kunden nach Hamburg zu holen." Der nötige Raum stünde zur Verfügung, denn bisher wird die Halle nur zur Hälfte genutzt. Außerdem will man das Kompetenzspektrum erweitern und auch die Wartung der Flugzeugkabine anbieten, um so einen Vollservice anbieten zu können.

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Mindestens fünf weitere Mitarbeiter werden bis Jahresende noch hinzukommen, erwartet Engelbrecht. Trotz der Fachkräfteknappheit in der Branche ist er zuversichtlich, das benötigte Personal auch zu finden: "Das geht nur über Netzwerke. Die Luftfahrt ist eine so kleine Familie - da spricht es sich schnell herum, wenn irgendwo etwas Neues entsteht." Gut vernetzt in Hamburg ist der 51 Jahre alte Manager in Hamburg jedenfalls: So war er Vertriebschef bei dem für Airbus tätigen Personaldienstleister CAS Corporate Aviation Services und gehört dem Vorstand des Flugzeugzuliefererverbandes Hanse-Aerospace an.

Die Arbeit in einer kleinen, agilen Organisation mit kurzen Entscheidungswegen erscheine vielen Bewerbern verlockend, zudem mache das Arbeitszeitmodell den Job auch für qualifiziertes Personal aus dem Ausland attraktiv - schon jetzt sind Slowenen, Engländer und Spanier mit dabei: "Man ist an sieben Tagen in Folge im Dreischichtsystem beschäftigt und hat dann sieben Tage am Stück frei."

Die Folge: "Der Teamgeist ist enorm. Da wird auch schon mal gemeinsam gekocht."