Die SPD-Troika Gabriel/Steinmeier/Steinbrück verheddert sich in der Kanzler-Inszenierung

Eine geschichtsbewusste Partei wie die SPD sollte gelegentlich einen Blick in die einschlägige Literatur werfen. Dort könnte sie nachlesen, dass Dreimänner-Bünde selten einen glücklichen Ausgang finden. In der Spätphase der römischen Republik mündeten zwei Triumvirate in Bürgerkriegen. Wenn das den Sozialdemokraten zu weit zurückliegt und gar zu schaurig erscheint - in der jüngeren Parteigeschichte ist das Trio Scharping/Schröder/Lafontaine zunächst an Helmut Kohl und danach an sich selbst gescheitert. Zwar wurde Schröder im nächsten Anlauf Kanzler, aber kurz danach ging Lafontaine von der Fahne, wenig später Scharping baden.

Dabei war die Idee, es mit einer erneuten Troika zu versuchen, nicht ganz uncharmant: Nach der Wahlschlappe von 2009 musste die Partei in eine Findungsphase. Und sie wollte den eigenen Mitgliedern sowie potenziellen Wählern mit dem agilen Vorsitzenden Sigmar Gabriel, dem seriösen Frank-Walter Steinmeier und dem finanzkundigen Peer Steinbrück ein möglichst breites personelles und inhaltliches Angebot darbieten. Keiner von ihnen sollte allein zu lange im Wind als Kanzlerkandidat stehen und vorzeitig verschlissen werden. So weit die Theorie.

In der Praxis fallen die Blicke mit zunehmender Laufzeit der Troika aber auch auf die Defizite der Kandidaten. Gabriel haftet der Ruf des Sprunghaften und nicht immer Seriösen an, Steinmeier - ausgerüstet mit dem Charisma eines Leitz-Ordners - hat die vergangene Wahl gegen Angela Merkel krachend verloren, und Steinbrück ist ein kantiges Nordlicht, das südlich der Lüneburger Heide nicht vermittelbar ist. Gemeinsam ist allen dreien die Portion Ehrgeiz, die für politische Spitzenämter unabdingbar ist, und das Beherrschen der psycho-taktischen Klaviatur des Gewerbes. Nach außen werden Geschlossenheit und Einmütigkeit demonstriert.

Daneben gibt es aber auch mal eine wohlwollende Steinmeier-Geschichte im "Spiegel", eine Twitteroffensive Gabriels aus der angeblichen Babypause und die prominente Fürsprache des Altmeisters Helmut Schmidt für seinen Favoriten Steinbrück. Da können auch die Büchsenspanner der Troikisten nicht länger stillhalten und bringen - aus welchen Motiven auch immer - den einen oder anderen Namen ins Spiel.

Natürlich sind auch in der Partei längst die Spekulationen im Gange, welcher der Kandidaten die besseren Aussichten für die eine oder andere Koalitionsmöglichkeit bieten könnte - und wo man selbst dabei landet. Immer wieder wird auch mal über eine Urwahl des Kanzlerkandidaten nachgedacht. Oder sollte es nicht doch auch eine Kandidatin sein? Hannelore Kraft etwa? Wo ist überhaupt die weibliche Kompetenz im ganzen Verfahren, das sich die drei Herren quasi in spätrömischer Dekadenz - um noch einmal die Geschichte zu bemühen - unter den Nagel gerissen haben?

Das alles sind Fragen, die die SPD schnell klären sollte. Denn je länger es dauert, desto erbitterter werden die Grabenkämpfe, desto mehr werden alle potenziellen Kandidaten Schaden nehmen. Das mag für Außenstehende unterhaltsam sein und der politischen Konkurrenz in die Hände spielen. Das aber kann nicht die Aufgabe des Spitzenpersonals einer Partei sein, das sich in seiner eigenen Inszenierung verheddert hat. Die drei Genossen werden bald erklären müssen, wer es denn nun werden soll, wer die besten Rezepte gegen die Krise und eine fleißig punktende und nach wie vor beliebte Kanzlerin Merkel haben könnte. Der Verkündigungstermin nach der Niedersachsenwahl (20. Januar 2013) scheint jedenfalls kaum zu halten.

Das Haltbarkeitsdatum, bis zu dem das Zweckbündnis Gabriel/Steinmeier/Steinbrück der SPD Vorteile hätte bringen können, ist abgelaufen. Drei sind auf Dauer eben zwei zu viel, wenn es nur um einen Posten geht.