Die Debatte um Reichensteuer muss sachlicher werden.

Es ist an der Zeit, über Reichtum zu reden. Denn Tatsache ist: Der Reichtum in der Bundesrepublik ist sehr ungleich verteilt. Dem reichsten Prozent der Gesellschaft gehört ein Drittel des Gesamtvermögens. Die oberen zehn Prozent besitzen zwei Drittel. Zwar ist das nun einmal das Ergebnis von Marktwirtschaft. Ganz objektiv muss man aber sagen: Gerecht ist das nicht.

Dass ein breites Bündnis aus Gewerkschaften und Sozialverbänden dieses Thema wieder auf die politische Agenda bringen will, ist für sich genommen eine wichtige Sache. Gerade in der europäischen Schuldenkrise muss eine Gesellschaft darüber diskutieren, wie Geld sinnvoller eingesetzt und verteilt werden kann. Selbst Ökonomen und Millionäre plädieren immer mal wieder für eine Vermögensabgabe, um das Ungleichgewicht zu kompensieren. Das Bewusstsein, das etwas nicht stimmt mit unseren Umverteilungsmechanismen, ist in der Gesellschaft angekommen.

Doch die Diskussion muss gerade im linken Spektrum mit weniger Kriegsrhetorik geführt werden. Es bereitet latentes Unbehagen, wenn von "brutaler Kürzungspolitik" die Rede ist oder von "gravierenden sozialen Verwerfungen", wenn immer auf "die Politik" verwiesen wird, die mit Milliarden von Euros "die Banken" rettet, aber nicht den kleinen Mann auf der Straße. Solch ein Schwarz-Weiß-Denken mag auf den ersten Blick Zustimmung bringen, ignoriert aber die Vielschichtigkeit der Problematik.

Es gibt eine Reihe an Fragen zu klären, auf die das neue Bündnis keine Antworten liefert. Ab wann ist jemand "reich"? Wie hoch muss eine Vermögensabgabe sein, damit an ein Haushaltsloch gekittet werden kann? Wie hoch sollten Reichensteuer und Erbschaftssteuer sein, und wen müssen sie betreffen? Auf all das wollen sich Ver.di und Co. noch nicht festlegen. Man beschränkt sich auf Schlagworte und lässt die Zahlen erst einmal weg. Das ist eben einfacher - und verringert die Angriffsfläche. Das aber ist nicht jene ehrliche Debatte, die sich das Bündnis erhofft und das die Gesellschaft verdient hat. Wir müssen über Reichtum reden. Aber wir müssen es sachlich tun.