Der Polizeiverein ehrt mit dem Hamburg-Preis für Zivilcourage zwei Bus-Fahrgäste. Der Preis soll einmal im Jahr vergeben werden.

Hamburg. Es war ein Reflex. Als die beiden Männer im Bus der Linie 26 vergangene Woche in Steilshoop aufeinander einschlugen, ging Klaus Dieter Mohr einfach dazwischen. Auch Andrea G. griff ein. Sie war empört darüber, dass sich Menschen in der Öffentlichkeit schlagen. Deshalb hat sie geholfen. Ganz spontan, wie sie sagt. Das beherzte Eingreifen der beiden hat dem 33 Jahre alten Opfer das Leben gerettet. Deshalb wurden sie nun mit dem erstmals vergebenen Hamburg-Preis für Zivilcourage des Polizeivereins ausgezeichnet.

"Dieser Fall war die Initialzündung für den Preis", sagt Dirk Reimers, Vorsitzender des Polizeivereins Hamburg. Polizeipräsident Werner Jantosch hatte nach der Bluttat mit Reimers telefoniert. "Ich wollte die beiden Menschen kennenlernen und hatte das Gefühl, dass wir mehr machen müssen, als sie nur zu einem Kaffee einzuladen", sagte Jantosch. Der Preis ist mit 1000 Euro dotiert und soll einmal im Jahr vergeben werden.

Wie berichtet, hatte sich der Angreifer Balal L., 26, während der Schlägerei im Bus Handschuhe angezogen, ein Messer aus dem Rucksack geholt und auf sein Opfer, den 33 Jahre alten Varinder S., eingestochen. "Ich habe den Täter dann aus dem Bus gejagt", erinnert sich Klaus Dieter Mohr. Gemeinsam mit Andrea G., die darum bat, ihren Nachnamen nicht zu veröffentlichen, hat er Erste Hilfe geleistet. Beide hatten sich an ihre Kurse erinnert und wussten, wie sie dem Opfer helfen konnten. Wären sie nicht eingeschritten - L. hätte nochmals auf den Verletzten eingestochen und ihn getötet. Da ist sich die Mordkommission sicher. Der Täter sitzt seit dem Angriff in Untersuchungshaft.

"Ich habe über die Gefahr nicht nachgedacht", sagt Andrea G. Sie sei immer erschrocken gewesen, wenn sie in der Zeitung gelesen habe, dass Menschen in derartigen Lagen nicht geholfen haben. Das Einzige, wovor sie Angst hatte, war, dass der Angreifer erneut auf das Opfer einschlagen würde. An sich habe sie in diesem Moment nicht denken können. "Ich habe einfach nur instinktiv gehandelt."

Wenn beide Helfer erzählen, dass sie einfach so und ohne nachzudenken geholfen haben, hat es den Anschein, dass das Unterlassen von Hilfe ein aktiver Akt sei. Vor Kameras und Mikrofonen zu erzählen, was sie getan haben, ist ihnen unangenehm. Offenbar war es leichter, Zivilcourage zu zeigen. Dass sie dafür ausgezeichnet werden, hätten sie nicht erwartet. "Ich freue mich natürlich", sagt Mohr. "Dabei war die ganze Sache nach meiner Aussage im Polizeipräsidium für mich schon erledigt." Andrea G. sagt, sie sei stolz auf den Preis.

Die Schreckensbilder würden sie nicht verfolgen. An ihre Gefühle könne sie sich kaum erinnern. Auch Mohr weiß nicht mehr, was er während der Messerattacke dachte. Man habe ihm später erzählt, dass seine Hände gezittert hätten, während er dem Verletzten einen Verband anlegte. Nur eines wisse er noch: "Ich habe danach sehr viel mehr Zigaretten geraucht als sonst."