Die Polizei hat zwei 16- und 17-Jährige festgenommen. Sie hatten offenbar einen Autofahrer verletzt. Zeugen erkannten sie an der Autobahn.

Hamburg. Am Freitagabend kurz vor 19 Uhr entschied der Haftrichter, dass die beiden Minderjährigen bis zum Prozessbeginn in Untersuchungshaft bleiben müssen. Während der 16 Jahre alte Tobias J. bei der Anhörung keine Aussage machte, sagte der 17-jährige Lukas H. aus, er hätte J. noch aufgefordert, nicht zu werfen. Den Richter überzeugte das nicht.

Für die Staatsanwaltschaft ist der Fall klar. Wegen gemeinschaftlichen Mordversuchs, heimtückisch und gemeingefährlich, werden sich die beiden jungen Männer verantworten müssen. Zwei Tage zuvor hatten sie einen Eimer mit Schutt auf die Autobahn 1 geworfen. Die Tat gestanden sie bereits. Bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe drohen Tobias J., der den Eimer fallen ließ, und Lukas H., der ihn dazu angestiftet haben soll.Personenfahnder der Polizei hatten den 16-jährigen Hauptschulabsolventen am Donnerstag festgenommen, als er die Wohnung seiner Eltern betreten wollte. Der entscheidende Tipp zu seiner Festnahme kam von seinem Freund, mit dem er am Mittwochabend kurz nach 18.30 Uhr auf der Brücke nahe der Billstedter Wohnsiedlung Sonnenland stand.

+++ SO KRIMINELL IST IHR STADTTEIL +++

Lukas H. aus Mümmelmannsberg war bereits einen Tag zuvor festgenommen worden. Jugendliche aus Billstedt hatten den 17-Jährigen bei seiner Flucht kurz nach der Tat in der Nähe der Brücke gesehen.

Im Grünstreifen neben der Unglückstelle wenige Kilometer vor der Anschlussstelle Billstedt liegen noch Reste der Kacheln, die beim Aufprall auf den blauen Renault Laguna aus dem Eimer geschleudert wurden.

Als der Wagen die Brücke mit 100 Kilometer pro Stunde passierte, traf der schwere Eimer zunächst den Holm des Wagens aus Niedersachsen und durchbrach dann die Frontscheibe auf der Fahrerseite.

Christian R., der 41 Jahre alte Fahrer des Wagens, hatte unwahrscheinliches Glück. Hätte der Eimer sein Auto nur ein paar Zentimeter weiter zur Wagenmitte getroffen, wäre dieser ungebremst in die Scheibe geflogen. Christian R. hätte dann kaum eine Überlebenschance gehabt. So wurde er nur durch Glassplitter an den Armen und im Gesicht verletzt.

Den mit Bauschutt gefüllten Eimer hatten die beiden Jugendlichen im Gebüsch neben der Brücke gefunden, zusammen mit zwei weiteren, die dort wohl von Bauarbeitern entsorgt worden waren. Warum Tobias J. ihn später auf das grüne Geländer hob und dann fallen ließ, ist das Rätsel, das die Mordkommission derzeit zu ergründen sucht.

Doch es gibt erste Erklärungsversuche: Bei seiner Vernehmung im Polizeipräsidium in Alsterdorf gab Tobias J. an, von Lukas H. angestiftet worden zu sein. Von den Ermittlern heißt es dazu: Der 16-Jährige habe Anschluss gesucht, habe in dem 17-Jährigen einen Freund gesehen, den er nicht enttäuschen wollte. Deshalb habe er auf dessen Aufforderung den Eimer fallen gelassen. Eine Mutprobe? Ein Freundschaftsbeweis?

Als Antwort auf die Frage nach dem Warum reicht das der Staatsanwaltschaft nicht. Tobias J. hätte sich allein nach der Empörung und den berichten über den Holzklotzwerfer von Oldenburg klar sein müssen, dass er mit dieser Aktion bewusst Menschenleben in Gefahr bringt.

Nikolai H. war im Mai 2009 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Ein Jahr zuvor hatte der 31-Jährige einen Holzklotz von einer Brücke an der Autobahn 29 in der Nähe von Oldenburg geworfen. Der Klotz traf ein Auto und tötete eine 33-Jährige.

Beide Eimerwerfer sind keine Intensivtäter: Doch es gibt entscheidende Unterschiede: Während Tobias J. einen Schulabschluss hat und noch nie negativ bei der Polizei aufgefallen ist, ist der abschlusslose Lukas H. bekannt: wegen des Verdachts der Körperverletzung, räuberischen Erpressung und Diebstahls. Allerdings wurden die Ermittlungen in allen Fällen eingestellt.