Zwei Haspa-Geschäfte in der Prüfung. Die Chancen auf Schadenersatz verschlechtern sich. Der Anwalt der Anleger bleibt optimistisch.

Hamburg. Monatelang hatten sich Käufer von Lehman-Zertifikaten an vier anlegerfreundliche Urteile des Landgerichts Hamburg gegen die Hamburger Sparkasse (Haspa) geklammert. Voller Schadenersatz wegen Verletzung der Beratungspflicht, lautete der Tenor. Doch das wollte die Haspa nicht hinnehmen und ging in die Berufung vor das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg. Zwei Fälle wurden gestern dort verhandelt und neu aufgerollt. Betroffene Anleger verließen danach ernüchtert den Gerichtssaal.

Der 13. Zivilsenat des OLG hat erkennen lassen, dass er die Rechtsauffassung des Landgerichts in mindestens drei der vier Fälle nicht teilt. Deutschlands größte Sparkasse kann aufatmen und für viele Anleger verschlechtern sich die Chancen auf Schadenersatz. Die zwei Anleger, deren Fälle gestern behandelt wurden, hatten je 10 000 Euro Schadenersatz durch die Haspa im Sommer 2009 für ihre Lehman-Zertifikate zugesprochen bekommen (Az.: 310 O 4/09 und Az.: 325 O 22/09). Die US-Investmentbank hatte im 2008 Insolvenz angemeldet. Nach Ansicht des Landgerichts hatte die Haspa ihre Beratungspflicht verletzt, weil sie nicht über die fehlende Einlagensicherung und die Höhe ihrer Gewinnmarge beim Verkauf der Papiere aufklärte. Doch diese Auffassung wird wohl keinen Bestand haben.

Der Vorsitzende Richter des 13. Zivilsenats beim OLG, Ralf Panten, machte zu Beginn der Verhandlung im Fall des pensionierten Lehrers Bernd Krupsky deutlich, dass er dem "grundsätzlichen Ansatz" des Landgerichts nicht folgen wird. Es hatte auf eine Beweisaufnahme verzichtet, weil sich aus der Verkaufspraxis der Haspa schon zwei Beratungsfehler erkennen ließen. Eine solche vereinfachte Herangehensweise nach grundsätzlichen statt individuellen Kriterien wäre für viele der bundesweit betroffenen 50 000 Anleger in der gerichtlichen Auseinandersetzung eine deutliche Erleichterung gewesen. So hatte das Landgericht den Grundsatz aufgestellt, dass über eine fehlende Einlagensicherung aufzuklären ist, wenn das Geld vorher in einem einlagengesicherten Produkt angelegt war. Dieser Umstand trifft auf viele, vor allem ältere Haspa-Kunden zu, sagen Verbraucherschützer.

Für Panten ist die fehlende Einlagensicherung nur von Bedeutung, wenn nicht auf das Emittentenrisiko bei einem Zertifikat hingewiesen wurde. Emittentenrisiko bedeutet: Wenn der Herausgeber eines solchen Wertpapiers in die Insolvenz geht, verfallen die Papiere. Auch bei der fehlenden Aufklärung über die Gewinnmarge wollte Panten nicht von einem grundsätzlichen Verschulden der Haspa ausgehen. Wenn darauf überhaupt die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anwendbar sei, müsse man auch die Höhe der Marge bei anderen Produkten mit beachten. Die Haspa hatte argumentiert, dass bei Lehman-Papieren eine geringere Marge anfalle als beim Exklusivsparen und eigenen Inhaberschuldverschreibungen. "Während die Marge bei den Lehman-Papieren sofort nach dem Verkauf fällig wird, fließt die Marge bei den anderen Produkten nur, wenn der Kunde über mehrere Jahre die Anlage hält", argumentierte Krupsky-Anwalt Ulrich Husack. Das sei nicht miteinander vergleichbar.

Panten machte zwar deutlich, dass die Entscheidung noch offen sei, sich aber ein Urteil stärker am Einzelfall orientieren müsse. Doch die Zeugenanhörung in der Beweisaufnahme machte deutlich, wie problematisch dies ist. So wurden Anlageentscheidungen von Krupsky hinterfragt, die fast zehn Jahre zurückliegen. Zwei Haspa-Berater konnten sich an die Beratungssituation meist nicht erinnern und schilderten stattdessen, wie sie normalerweise handelten. Schon vor dem Lehman-Geschäft wurden Krupsky, der über 40 Jahre Haspa-Kunde war, Wertpapiere wie etwa eine Forint-Anleihe verkauft, die er nach eigenen Angaben nicht verstanden hatte. Offen blieb auch, wieso er als risikobereiter Anleger eingestuft ist, obwohl 95 Prozent seines Vermögens in sehr sicheren Anlagen steckt.

"Die Anhörung hat gezeigt, dass über das Emittentenrisiko der Lehman-Papiere nicht umfassend aufgeklärt wurde und auch das Thema Marge kam in den Beratungen nicht vor", sagt Husack. "Ich bin deshalb sehr zuversichtlich im Fall Krupsky."

Die Urteile des OLG in beiden Verfahren werden am 14. April verkündet. Als sicher gilt, dass eine Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen wird. Es wäre nicht das erste Mal, dass Anleger vor einem OLG scheitern und sich erst vor dem BGH gegen Banken durchsetzen können.