Eine Glosse von Alexander Schuller

Wenn der Chef, bekennender Anhänger der No-Sports-Theorie eines Winston Churchill, plötzlich die komplizierten Regeln des Degenfechtens zum Konferenzthema erhebt; wenn Heavy-Metal-Experten ihre Recherchen zum bevorstehenden Festival in "Wacköööön!" unterbrechen, um mit Freudentränen in den Augen den Triumph der deutschen Vielseitigkeitsreiter zu bejubeln; wenn die Wirtschaftsredaktion nach der Silbermedaille im Kanu-Slalom durch den griechischstämmigen Sideris Tasiadis plötzlich die Milliardenhilfe mit Wohlwollen und Milde betrachtet; wenn knallharte Polizeireporter die Anmut des Synchronspringens goutieren und zartbesaitete Sekretärinnen schmachtend von Ole Bischoffs Ippon träumen - dann ist Olympia.

Ist es nicht erstaunlich, wie viele Menschen sich in der großen weiten Welt des Sports manchmal richtig gut auskennen? Na ja oder zumindest glaubhaft so tun, als ob? Und das erstaunlicherweise sogar in den sogenannten Randsportarten, die man allerhöchstens alle vier Jahre im Fernsehen bewundern kann? Fragen Sie sich doch einmal selbst (und bleiben Sie dabei bitte sportlich-fair und ehrlich): Wann haben Sie sich das letzte Mal fürs Skeetschießen interessiert? Für die 58-Kilo-Klasse im Gewichtheben der Frauen? Fürs 50-Kilometer-Gehen? Fürs Einer-Verfolgungsrennen auf der Bahn? Offensichtlich ist der viel beschworene olympische Geist ja doch keine Erfindung.