Marketing-Seminare dürfen nicht staatlich gefördert werden

Die Sache ist so klar, dass man leicht darüber hinweggehen könnte: Ärzte sind keine Verkäufer. Punkt. Sie haben ihre Diagnose und Heilkunst nicht meistbietend anzubieten, sondern allen Patienten gleich zum selben Preis. Die notwendige Diskussion um "individuelle Gesundheitsleistungen" (IGeL) wirft allerdings zwei Aspekte auf, die man nicht so leicht verdrängen oder mit einem Hinweis auf Recht und Gesetz wegdiskutieren kann. Viele Leistungen stehen nicht oder nicht mehr im Katalog der gesetzlichen Krankenkassen. Wer beim Arzt sein Risiko messen lassen will, an der einen oder anderen Augenkrankheit, an dieser oder jenen Krebsform zu erkranken, wer hoch fliegen oder tief tauchen und sich vorher medizinisch checken lassen will, der muss extra zahlen. Auch Impfungen für Reisen in exotische Länder sind Privatsache und sollten damit privat zu begleichen sein. Wer das Flugticket zahlen kann, sollte nicht an der Spritze sparen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss von allerlei Experten legt fest, was die Kassen erstatten müssen. Dahinter fängt der Graubereich dessen an, was ein Arzt extra anbieten kann. Es ist allerdings ein modernes Märchen, dass Deutschlands Mediziner allein am Profit interessiert sind. Es wird auch durch Wiederholung nicht wahrer. Verantwortungsbewusste Ärzte halten sich an die Spielregeln, die sich ihre Kammern und Vereinigungen selbst gegeben haben. Und wer sich beim Arzt von unmoralischen Angeboten überfahren fühlt, sollte sich fragen, ob das Arzt-Patienten-Verhältnis nicht ohnehin gestört ist.

Und da sind wir beim zweiten Aspekt dieser IGeLei. Dass der Bundeswirtschaftsminister Verkaufsseminare für Ärzte fördert, ist ein Skandal. Legal, aber nicht legitim. Man braucht schon reichlich Chuzpe, wie offensichtlich Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), hier von Wettbewerb unter Ärzten zu sprechen, von "Know-how" für kleine Betriebe - und das Ganze mit Marketing-Seminaren für Gemischtwarenhändler zu vergleichen. Diese Patientenansprache braucht das Gesundheitswesen nicht. Kein seriöser Arzt wäre lieber Verkäufer geworden.