Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Manchmal lohnt der Blick zurück. 1984 in Los Angeles wollte es ein gewisser Thomas Fahrner besonders schlau machen und steuerte in seinem Vorlauf über 400 Meter Freistil eine langsamere Zeit an, weil er den Endlauf von einer der Außenbahnen bestreiten wollte, die den beiden letzten der Qualifizierten vorbehalten ist. Fahrner glaubte, von dieser Position die Konkurrenz besser im Blick zu haben. Am Ende hatte er eine fantastische Übersicht. Als Neunter verfehlte er das Finale. Die Geschichte hatte zudem eine bittere Pointe. Im B-Finale, das gab es damals noch, kraulte Fahrner olympischen Rekord und war schneller als später der Olympiasieger.

Gelernt haben die deutschen Schwimmer und ihre Trainer aus diesem Vorfall offenbar nichts. Dass die Frauenstaffel um Doppel-Olympiasiegerin Britta Steffen das Finale im Schongang zu erreichen plante, grenzt an Hybris. Das können sich Australier, US-Amerikaner oder Chinesen leisten, die Deutschen sicherlich nicht.

Weit größere Sorgen hinterlässt die Befürchtung, dass die deutschen Schwimmer beim wichtigsten Ereignis ihrer Sportart erneut nicht auf den (Zeit-)Punkt fit sind. Allein Helge Meeuw (100 m Rücken) und Weltrekordler Paul Biedermann (200 m Freistil) erreichten bisher ein Einzelfinale. Auf der doppelten Strecke hatte es Biedermann erschreckend chancenlos verpasst. Ähnlich verhielt es sich 2000 in Sydney, 2004 in Athen und 2008 in Peking. Falsche Trainingssteuerung lauteten jeweils die nachträglichen Diagnosen. Oder hatten die deutschen Schwimmer bereits ihre Erfolgserlebnisse? Bei der EM Ende Mai in Debrecen trumpften sie groß auf. Was viele vergaßen: Ihre wichtigsten Olympiakonkurrenten waren in Ungarn gar nicht am Start.