Ein Notwehr-Plan von Peter Wenig

War es ein Anflug von Nostalgie? Oder doch nur ein weiterer Versuch, die Kinder fürs Lesen zu begeistern? Jedenfalls nahm ich aus der Bücherhalle zwei verschrammelte "Fünf Freunde"-Schmöker mit nach Hause und sagte: "Für diese Bücher hat euer Papa als kleiner Junge geschwärmt."

Abends, beim ersten Durchblättern, wich mein Sentiment einer tiefen Scham. Wie konnte ich mich nur einst für diese Schinken begeistern? Mit Holzschnitt-Charakteren, lieblos zusammengetackert von einem Schreibroboter namens Enid Blyton.

Nun ist es in unserer Familie so, dass sich unsere Kinder für väterliche Ratschläge in etwa so interessieren wie unsere Kanzlerin für den Euro-Rettungsplan der Linken. Diesmal war es leider anders. Unter der Bettdecke, im Schein der Taschenlampe, tauchte vor allem Anna in die "Fünf Freunde"-Welt ein, obwohl ihre Fast-Namensvetterin Anne im Blyton-Kosmos gerade gut genug dafür ist, dem Rest der Bande Frühstück zu machen. Sonst schnarrt unsere Tochter beim kleinsten Anzeichen möglicher Benachteiligung ihr "das ist aber ungerecht".

Meine Hoffnung, dass sich der "Fünf Freunde"-Wahn mit dem Ablauf der Leihfrist schon erledigen werde, zerstob leider am Wochenende. Da krähte mein Sohn Hannes aufgeregt durch den Hörer: "Mama, Oma hat noch ganz viele "Fünf Freunde"-Bücher. Die bringen wir alle mit."

Bitte sagen Sie es nicht weiter, aber aus reiner Notwehr muss ich jetzt handeln. Mit Computer, Schere und Buchleim werde ich die Dramaturgie eines Blyton-Werks ein klein wenig verändern. Diesmal wird das Böse siegen. Seite für Seite werden Julius, Richard, Georgina (die, die immer nur Georg genannt werden will) und zu guter Letzt auch das kleine Hausmütterchen Anne den Weg in eine bessere, weil Blyton-freie Welt gehen. Das Leben auf der Felseninsel ist nun mal gefährlich, wer weiß das besser als ich. Überleben wird nur Mischlingshund Timmy, traurig winselnd. Bin ja kein Unmensch.