Studenten von der TU Harburg haben ein Elektro-Fahrzeug in einer Kooperation mit rund 50 Firmen gebaut. Werbung für E-Standort Hamburg.

Hamburg. Mit einem leisen Surren beschleunigte ein Student der TU Hamburg-Harburg in Rennfahrerkluft, Helm und Handschuhen ein weißes Renngefährt und drehte ein paar Runden vor staunenden Vertretern von Wirtschaft, Politik und Presse. Sichtlich euphorisch angesichts des batteriebetriebenen Boliden, der ausschließlich von Studierenden der TU entwickelt wurde, äußerte sich Frank Horch: "Das ist einer der ganz herausragenden Momente, die ich bisher in meiner Amtszeit als Wirtschaftssenator erlebt habe", sagte der parteilose Politiker, nachdem er den Startschuss für den ersten Rennlauf des egn12 (Kurzformel aus e-gnition und Baujahr) gegeben hatte.

"Wir müssen uns gar nicht immer nur mit dem Hafen in der Welt darstellen, sondern sollten auch die E-Mobilität in Hamburg mehr in den Vordergrund rücken", sagte der Senator. Schließlich rollten in der Hansestadt bundesweit die meisten Elektrofahrzeuge auf den Straßen, ein Zeichen für die Leistungsfähigkeit der Region in dieser Zukunftstechnologie. Ihre Stärke in Sachen Elektroantrieb, Fahrzeugbau und Materialkompetenz haben auch die mehr als 50 Firmen der Metropolregion bewiesen, die den Studierenden als Sponsoren und Ausstatter des egn12 beim Bau des Wagens zur Seite gestanden haben. So hat Airbus die Fertigung der Außenhaut mit glasfaserverstärktem Kunststoff unterstützt, vom Blechspezialist Graupe-Tews kommen die Radträger und Arcelor Mittal half mit Ressourcen aus der Lehrwerkstatt.

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Der 300 Kilo schwere Bolide beschleunigt mit 85 Kilowatt Leistung auf 120 Kilometer in der Stunde. Die Energie stellen 96 Lithium-Eisen-Phosphat-Batteriezellen zur Verfügung, der Block wiegt 82 Kilo und macht damit fast ein Drittel des Fahrzeuggewichts aus. "Der Wagen wird gedrosselt sein, um effizienter und sicherer zu fahren", sagte Maschinenbauer Hauke Becker, der für das Marketing des Projekts verantwortlich ist. Eigentlich könne das Auto in drei Sekunden von null auf hundert beschleunigen und bis zu 200 km/h schnell fahren.

Der agile Flitzer soll auch für nachfolgende Generationen von Studenten noch Forschungsaufgaben bieten: "Wir haben das Projekt auf zehn Jahre angelegt, der Wagen soll immer weiter verbessert werden", sagte Garabed Antranikian. Der Präsident der TU Hamburg-Harburg lobte auch das tage- und nächtelange Engagement der Studierenden, die den Rennwagen neben ihrem normalen Uni-Alltag mit Klausuren und Hausarbeiten bauten. "Die Studenten haben damit aber auch gezeigt, wie spannend ein TU-Studium sein kann", ergänzte Antranikian.

Hauptsponsor ist der Chipspezialist NXP mit 2000 Mitarbeitern in Hamburg, der den jungen Tüftlern in dem Einjahresprojekt von Anfang an ein Labor auf dem Firmengelände in Hamburg-Lokstedt zur Verfügung gestellt hat. Dort hatten die angehenden Maschinenbauer, Elektroingenieure und Umwelttechniker die Möglichkeit, ihre Ideen zur Fahrzeugelektronik zu testen und weiterzuentwickeln. Zudem konnten sie sich in der praktischen Umsetzung mit NXP-Ingenieuren austauschen. "Die Euphorie, mit der die Studenten das Projekt angegangen sind, ist einzigartig", freute sich gestern NXP-Vorstand Kurt Sievers. Der Sportflitzer der TU wird in wenigen Wochen die nächste Feuertaufe bestehen müssen, auf der Profirennstrecke am Hockenheimring: Dort tritt die Uni gegen 84 internationale Teams an, in einem Rennen für Wagen mit Elektroantrieb. Auch bei diesem Wettbewerb wird NXP für eine sichere Fahrt sorgen: mit einer Telematiktechnologie, die Hamburger Forscher bei dem Konzern entwickelt haben. Mit diesen Bauteilen können die Studenten live Daten zwischen Fahrzeug und Rennstall austauschen. Dazu gehören Informationen über die Temperatur einzelner Fahrzeugteile und Ladezustände der Batterien und den Lenkwinkel.

Nach der gestrigen Jungfernfahrt am Großmarkt werden die Studenten bei dem "Formula Student Electric-Wettbewerb" erneut als Botschafter für Hamburg als E-Mobilitätsstandort werben: Schließlich sind auf den Straßen der Hansestadt rund 350 Pkw und fünf Busse mit Batteriebetrieb unterwegs. Mit 60 Fahrzeugen verfügt Hamburg über die größte kommunale E-Flotte. Darüber hinaus wurde hier eines der dichtesten Ladenetze mit 200 Ladepunkten aufgebaut. Womöglich wird der E-Sprinter der TU bald auch zum Straßenbild an Aster und Elbe gehören.