Hamburger nutzen Alternativen zum Auto und setzen die Politik unter Druck

Die Zahl der Hamburger, die das eigene Auto stehen lassen und stattdessen auf alternative Möglichkeiten umsteigen, wächst unaufhörlich. Ob Hochbahn, Carsharing oder StadtRad: Diese Unternehmungen vermelden alle seit Monaten einen zum Teil rasanten Zuwachs an Kundschaft.

Dazu passend wurde jetzt das Ergebnis einer Studie bekannt, wonach der Anteil der Einwohner mit eigenem Auto sinkt, je mehr Einwohner eine Stadt hat. Während in Millionenstädten wie Hamburg oder Berlin auf 1000 Einwohner 322 Fahrzeuge privat zugelassen sind, sind es in Städten mit weniger als einer halben Million Einwohnern 498.

Zugegeben: In einer Metropole mit einem gut ausgebauten Netz von Bussen, S- und U-Bahnen lässt es sich leichter auf den Wagen verzichten als in einer kleinstädtischen oder gar ländlichen Region. Trotzdem gilt: Großstädter haben ihr Verkehrsverhalten verändert und verändern damit die Stadt, in der sie leben.

Noch in den 70er- und 80er-Jahren war das Auto allgemein anerkannter Ausdruck zunehmenden Wohlstands. Ohne große Diskussion fielen Grünstreifen betonierten Parkplätzen zum Opfer, wurden Straßen breiter gebaut und galten klotzige Parkhäuser in bester Innenstadtlage als Sinnbild einer autogerechten Stadt.

Wie anders sieht es heute aus. Als Statussymbol taugt das Auto - von Ausnahmen abgesehen - im Großstadtverkehr immer weniger. Vor allem steigen die Kosten, die der Besitz eines Autos mit sich bringt.

Kletternde Preise für Kraftstoff und Versicherung sind ein Dauerthema. Hinzu kommt: Wer in citynahen Stadtteilen wie Eppendorf oder Winterhude wohnt und nicht jeden Abend auf der Suche nach einem Parkplatz unzählige Runden um den Block drehen will, muss einen Stellplatz in einer Tiefgarage mieten. Um die 100 Euro sind dafür jeden Monat fällig.

Selbst die Fahrt mit dem Auto in die Stadt ist kaum mehr vergnügungssteuerpflichtig. Hohes Verkehrsaufkommen und Baustellen sorgen nicht mehr nur in der Rushhour für Stau und Stress. Die Parkplatzsuche tut ihr Übriges. Hinzu kommen der Ärger über Parkknöllchen und die Wut, wenn der eigene Wagen abgeschleppt wurde.

Da überrascht der Aufschwung von Alternativen zum privaten Auto nicht. Mit dem Rad ist in Hamburg fast jedes Ziel zu erreichen. Wer ein Rad an einer der mehr als 120 StadtRadstationen ausleihen will, benötigt nur eine EC-Karte. Nicht zu unterschätzen ist der sportliche Effekt. Wer täglich mit dem Rad zu Arbeit fährt, fördert seine Gesundheit.

Auch der öffentliche Personen- und Nahverkehr hat sich gemausert. U- und S-Bahnen fahren - Ausnahmen bestätigen die Regel - pünktlich, gelten als sauber und - besonders wichtig - als sicher. Bei Bussen ist das zwar stark von Linie und Verkehrslage abhängig. Aber im Großen und Ganzen gilt die Qualität als gut.

Carsharing, das Internetlexikon übersetzt den Begriff als "gemeinschaftliche Nutzung eines oder mehrerer Autos", gibt es zwar schon länger, nimmt aber durch das Engagement der Autokonzerne seit ein, zwei Jahren Fahrt auf. In Hamburg sind die blau-weißen Car2go-Smarts aus dem Verkehr kaum mehr wegzudenken.

Und was macht der SPD-Senat? Der schleppende Ausbau von Radwegen, der Verzicht auf die Stadtbahn, das Feigenblatt namens Busbeschleunigungsprogramm und nicht zuletzt die Tatsache, dass nicht die Stadtentwicklungs-, sondern die Wirtschaftsbehörde für die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur verantwortlich ist, belegen eindrucksvoll: Hamburgs Bürger sind schon viel weiter als die politisch Handelnden in den Amtsstuben.