Aber die Metropole sollte im eigenen Interesse stärker das Umland einbeziehen

Eine Fußballweisheit sagt: "Nach dem Spiel ist vor dem Spiel". Irgendwie trifft dieser Satz auch auf Hamburg und seine Strategie für die Zukunft zu. Als vor gut zehn Jahren der damalige CDU-Finanzsenator Wolfgang Peiner die Idee von der Wachsenden Stadt formulierte, hatte er an Überlegungen von der "Dienstleistungsmetropole Hamburg" angeknüpft und diese mit der Erkenntnis verbunden, dass Hamburg nur als wachsende und kreative Metropole eine Chance hat.

Wenn SPD-Bürgermeister Olaf Scholz jetzt den Begriff der Wachsenden Stadt aufgreift, um seine Vorstellungen von Hamburgs Zukunft zu formulieren, tut er das in bewusster Anlehnung an das peinersche Konzept. Auch Scholz wird nicht müde zu betonen, dass es die Metropolen sind, denen die Zukunft gehört. Großstädte wie München, Berlin und Hamburg erleben einen Zustrom an Einwohnern, während ländliche Gebiete bevölkerungsmäßig schrumpfen.

Peiner hat sein Bekenntnis als eine Art Weckruf für Hamburg verstanden. Die Botschaft: Wenn die Stadt es schafft, brachliegende Kräfte zu mobilisieren und Mitglieder der "creative class" aus aller Herren Länder anzuziehen, müsse ihr vor der Zukunft nicht bange sein. Beleg des Erfolges, so träumte der Politiker, sei die Zwei-Millionen-Einwohner-Marke.

Von ihr ist Hamburg noch ein Stück entfernt, auch wenn das Statistische Landesamt Nord vor wenigen Tagen verkündet hat, die Stadt zähle 1,8 Millionen Ortsansässige. Entscheidend ist der kleine, aber feine Perspektivwechsel, der sich im letzten Jahrzehnt vollzogen hat. Ob die Macher in den Metropolen es wollen oder nicht: Sie sind weltweit das Ziel vieler Menschen und werden daher zwangsläufig wachsen.

Es geht heute also nicht mehr darum, was Hamburg tun kann, damit es wächst, sondern vielmehr darum, wie es sein Wachstum gestaltet. Und zwar so, dass niemand der hier Lebenden "hinten runterfällt" und möglichst viele der Ankommenden ausreichend Chancen auf Entfaltung und ein lebenswertes Leben haben. Es geht darum, dass eine älter und bequemer werdende Gesellschaft nicht erstarrt, sondern sich ihre Fähigkeit zur Veränderung bewahrt.

Wie schwierig das ist, lässt sich an der Schaffung von neuem Wohnraum ablesen. Der SPD-Senat hat mit der Wohnungswirtschaft ein "Bündnis für das Wohnen" geschmiedet und die Schaffung von jährlich 6000 Wohnungen vereinbart. Grundsätzlich befürwortet eine Mehrheit der Hamburger den Bau. Und der Bedarf ist groß. Schließlich wuchs Hamburgs Bevölkerung in den vergangenen fünf Jahren jährlich um 10 000 Einwohner, während der soziale Wohnungsbau in der Zeit des schwarz-grünen Senats fast zum Erliegen kam.

Doch das Verständnis vieler hört rasch auf, wenn Wohnungen in ihrer Nachbarschaft errichtet werden sollen. Dann werden der Blick ins Grüne oder die gediegene Ruhe des Stadtteils zu unverzichtbaren Eigenschaften des eigenen Glücks. Eine Bürgerinitiative ist rasch gegründet und die Gefahr groß, dass Egoismus am Ende siegt.

Einen einfachen Weg aus dieser Zwickmühle gibt es nicht. Hamburg muss Wohnungen bauen, aber auch zu der Erkenntnis kommen, dass die Stadt nur wachsen kann, wenn sie sich stärker mit dem Umland verwebt. Eine Einsicht, die im Hamburger Rathaus ebenso wachsen muss wie in Landratsämtern und Rathäusern des Umlands.

Die Metropolregion kommt mit großen Schritten voran. Aber ihrer Gestaltung liegt nach wie vor die Idee unterschiedlicher Verwaltungseinheiten zugrunde. Diese Starrheit aufzubrechen ist Hamburgs Chance - und Notwendigkeit. Denn klar ist: Sie wird kommen, die Zeit für ein zweites "Bündnis für das Wohnen". Aber für ein Bündnis, das nicht mehr an den Grenzen Hamburgs endet.