Stadtbahn, Citymaut oder Umweltzone sind vom Tisch. Naturschützer und Opposition werfen dem SPD-Senat “lieb- und lustlose Politik“ vor.

Hamburg. Ein gutes halbes Jahr nach Ende des Jahres der Europäischen Umwelthauptstadt 2011 ist nach Auffassung von Verbänden und Oppositionspolitikern wenig von den einst gesteckten Zielen übrig geblieben. Zentrale Projekte wie Stadtbahn , Citymaut oder Umweltzone , mit denen sich Hamburg um den Titel bei der EU in Brüssel beworben hat, sind vom Tisch.

"Die Umweltpolitik liegt bis auf wenige Ausnahmen brach und hat im Hamburger Senat offenbar keinen Stellenwert mehr", sagt Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Auch GAL-Fraktionschef Jens Kerstan kritisiert: "Lieb- und lustlos hat die SPD 2011 das Green-Capital-Programm heruntergespult. Es ist nichts mehr davon zu spüren, dass Hamburg noch vor wenigen Monaten Europäische Umwelthauptstadt war."

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Exemplarisch zeigte sich der Umgang mit dem Projekt "Green Capital" vor zwei Wochen. Das sonnengetriebene Ökoboot "Solaris" musste die Alster verlassen - die dreimonatige Fahrerlaubnis der Umweltbehörde galt nur für das Jahr der Umwelthauptstadt.

Die Bilanz des Projekts Umwelthauptstadt fällt denn auch eher ernüchternd aus. Der Ausstoß etwa von Kohlendioxid, so der Plan, sollte bis 2020 um 40 Prozent sinken. Doch stattdessen ließ die Stadt im Umwelthauptstadt-Jahr 2011 rund 1,6 Millionen Tonnen mehr in die Umgebung ab als in der Bewerbung angegeben.

Die Grenzwerte für Stickoxide hat Hamburg schon bei der Bewerbung nicht eingehalten. Laut BUND sind mehr als 220 000 Menschen von der Überschreitung betroffen. Der Stadt droht sogar ein Disziplinarverfahren der EU, welches Strafen in Millionenhöhe vorsieht. "Die EU-Vorgaben zur Luftreinhaltung missachtet der Senat seit seinem Amtsantritt", kritisiert GAL-Fraktionschef Kerstan.

Bei der Bewerbung um das EU-Projekt punktete Hamburg mit seinen Grünflächen. Doch die Naturschutzreferate der Bezirke wurden aufgelöst. Der BUND stellt eine Unterfinanzierung für die Pflege und Entwicklung auch von Naturschutzgebieten fest: "Hier droht mittelfristig ein weiterer Rückgang der gefährdeten Arten."

Beim Lärmschutz konnte Hamburg zunächst darauf verweisen, dass es die Lärmquellen lokalisiert hat. "Noch die CDU-geführte Regierung hat die Lärmaktionsplanungen in die Wege geleitet", sagt Birgit Stöver, umweltpolitische Sprecherin der CDU. "Aber der Senat setzt die Maßnahmen zum Lärmschutz nicht um." Das Umwelthauptstadt-Jahr sei "schlecht verwaltet worden".

Richtig punkten konnte Hamburg allerdings bei der Abwasserentsorgung. Der Klärwerksverbund Köhlbrandhöft/Dradenau erreicht hohe Reinigungsgrade und produziert Energie in Form von Faulgas. Großes Lob gab es auch für den Zug der Ideen, der durch Europa tourte.

Senatssprecher Jörg Schmoll weist die Kritik zurück. Hamburg habe gezeigt, wie sich eine moderne Metropole entwickeln müsse, wenn sie in Zukunft umweltgerecht, sozial gerecht und lebenswert sein wolle. Dabei habe die Stadt Voraussetzungen für die Energiewende geschaffen. "Es wird Investitionen von 1,6 Milliarden Euro in moderne Energieerzeugung und -nutzung geben. Hamburg wird deutschlandweit die Stadt mit den größten Kapazitäten zur Speicherung von Energie aus regenerativen Quellen sein."