Ein Kommentar von Christian-A. Thiel

In 62 Jahren Formel 1 ist es gerade einmal neun Rennfahrern gelungen, ihren Weltmeistertitel zu verteidigen. So gesehen gehört Sebastian Vettel schon jetzt zu den ganz Großen seiner Zunft. Auf dem Weg zum ersten Triumph raste er 2010 mit der Unbekümmertheit des Jungstars dem Lorbeer entgegen. Zum zweiten Titel verhalf ihm vor allem das überlegene Auto aus dem Stall eines österreichischen Brauseherstellers.

Auch 2012 gehört Vettel zu den Titelkandidaten. Doch diesmal steht dem gerade erst 25-jährigen Hessen ein langer, zäher Kampf bevor. Die Rahmenbedingungen haben sich entscheidend geändert. Red Bull hat seine technischen Vorteile eingebüßt und nähert sich nur ganz langsam wieder alter Dominanz. Das Feld ist enger zusammengerückt, auf jeder Strecke überrascht ein anderes Auto. Der Umgang mit den Pirelli-Reifen ist mehr Glücksspiel als Strategie. Fernando Alonso holt überall das Maximum aus einem eigentlich unterlegenen Ferrari heraus. Und schließlich wittert Vettels Teamkollege Mark Webber im Spätherbst seiner Karriere die vielleicht letztmalige Chance auf den Titel.

Sebastian Vettel weiß selbst, dass seine Karriere nicht immer nur bergauf führen kann. Aber er ist noch keiner Herausforderung ausgewichen. Und die Aufgabe, auch auf kurvenreichem Terrain an die Spitze zu fahren, kann einen Weltmeister zur Legende machen. Wenn Vettel das gelingt, hat er sportlich alles erreicht. Dann kann er auch zu Ferrari gehen. Um Teil eines Mythos zu werden - und um das ganz große Geld zu verdienen.