Hamburger Architekt hat sein Faible fürs Design entdeckt. Der Schöpfer der Tanzenden Türme entwickelt jetzt auch Schalen und Vogelhäuschen.

Hamburg. Ein passionierter Radfahrer ist Hadi Teherani nicht gerade. Der Hamburger Stararchitekt bevorzugt das Auto oder das Flugzeug, wenn er zwischen seinen gerade fertig gewordenen Tanzenden Türmen auf St. Pauli, Wohnungsbauten im indischen Bangalore oder der Universität von Abu Dhabi hin und her jettet. Doch seit einiger Zeit ist Teherani an der Alster auch auf einem eleganten, weiß-grünen Drahtesel zu beobachten, auf dessen Lenker eine große, schwarze Tasche montiert ist. Darin steckt ein Akku, der den Elekromotor im Vorderrad des Gefährts mit Energie versorgt. Ansonsten wirkt das erste von Teherani entworfene E-Bike eher wie ein Rennrad, denn wie ein klobiges Elektro-Fahrrad.

"Ich wollte, dass mein E-Bike nicht wie ein Mofa aussieht, sondern so schlicht und elegant wie ein ganz gewöhnliches Rad", sagt der Architekt mit seiner leisen, kaum hörbaren Stimme, während er das Modell in seinem weitläufigen Büro am Elbberg mit Blick auf den Hamburger Hafen vorführt. "Man soll ihm die Motorisierung nicht ansehen." 25 km/h erreicht das Gefährt in der Spitze, eine Akkuladung reicht für 40 bis 50 Kilometer.

Wie aber kommt ein Mann, der sonst ungewöhnliche Bürobauten wie den Berliner Bogen oder Einkaufscenter wie die Europa-Passage entwirft, ausgerechnet darauf, ein Elektrorad zu gestalten? "Ich möchte einen Beitrag für die Umwelt leisten und die Akzeptanz des Fahrrads als Verkehrsmittel erhöhen", sagt Teherani. "Mit dem E-Bike können auch Büroangestellte ohne Schweiß auf der Stirn zur Arbeit radeln oder Mütter mit Kind größere Einkäufe erledigen."

Ausgeheckt hat Teherani das E-Bike zusammen mit dem dänischen Designer Jan Herskind, der dem gebürtigen Iraner schon vor 20 Jahren ein betont schlichtes Rad mit hölzernen Schutzblechen und sportlichem Rahmen schenkte. Gemeinsam entwarfen die beiden Freunde in einer Hamburger Fabrikhalle die ersten Prototypen, heute wird das E-Bike in Berlin zusammengesetzt. Die Einzelteile stammen aus Deutschland, aber auch aus Taiwan und anderen Zulieferländern.

Generell ist der Stararchitekt mit seinem E-Bike in einen boomenden Markt vorgestoßen. 310 000 Elektroräder wurden 2011 in Deutschland verkauft - 55 Prozent mehr als im Jahr zuvor. In diesem Jahr hält der Zweirad-Industrieverband einen Anstieg auf 400 000 Stück für denkbar. Waren die Modelle mit dem "eingebauten Rückenwind" zunächst vor allem bei einer älteren Zielgruppe gefragt, so interessieren sich heute immer mehr auch jüngere Käufer für diese Räder.

Ein Renner ist Teheranis Flitzer bislang allerdings noch nicht. Gerade einmal 50 der ohnehin nur auf 310 Stück limitierten Räder wurden seit Jahresbeginn über das Internet abgesetzt, was auch mit dem ursprünglich sehr hohen Preis von fast 3000 Euro zu tun haben dürfte. Um den Absatz anzukurbeln, bieten Teherani und Herskind ihr Modell nun für knapp 2200 Euro an.

Das E-Bike ist aber ohnehin nur eines von zahlreichen Designobjekten, die Hadi Teherani in den vergangenen zwölf Jahren entworfen hat. Bürostühle mit einem patentierten Kippmechanismus hat er gestaltet, Manschettenknöpfe für Montblanc - und sogar ein Vogelhäuschen, dessen Design er sich beim südafrikanischen Webervogel abschaute. Von Weitem wirkt das kleinste Gebäude Teheranis wie ein dickes Schilfrohr, eher organisch als künstlich. Beim Gartenmöbelhersteller Garpa ist das "Baya" getaufte Modell ein Verkaufsschlager.

"Produktdesign hat für mich einen ganz besonderen Reiz", sagt der Architekt. "Während wir bei Häusern immer nur einen einzigen Prototyp errichten können, lassen sich Alltagsgegenstände unbegrenzt vervielfältigen." Zudem will Teherani seinen Kunden ein möglichst ganzheitliches Angebot machen und entwickelt zu seinen Gebäuden auch gleich noch das passende Interieur. Für die Universität von Abu Dhabi hat er beispielsweise auch die Stühle in der Bibliothek oder die Leuchten gestaltet. Und im Gegenzug diente das geschwungene, amorphe Dach des Gebäudes als Vorlage für eine Schale, die er für die Firma Ritzenhoff gestaltete.

Mit seiner Nebenbeschäftigung befindet sich der Hamburger Architekt durchaus in prominenter Gesellschaft. Schon große Vorgänger schufen ihr eigenes Mobiliar. Ludwig Mies van der Rohe etwa den Barcelona-Chair oder Le Corbusier Esstische, Sessel und eine Chaiselongue.

Ganz so weit wie Teherani entfernten sich die großen Architekten allerdings nicht von ihrer eigentlichen Profession. Das jüngste Designobjekt des unruhigen Querdenkers hat wie das E-Bike wieder etwas mit Mobilität zu tun. Es ist ein Gehwagen für Senioren. "Die heutigen Rollatoren sehen meist scheußlich aus", sagt der Architekt. "Wer auf so ein Gerät angewiesen ist, fühlt sich allein schon deshalb krank, weil er es benutzen muss."

Teherani schwebt hingegen ein Gefährt vor, das in seiner Gestaltung an einen alten, eleganten Gehstock erinnert. Erste Entwürfe zeigen ein zusammenklappbares Modell in Schwarz mit viel Chrom und einer Sitzfläche aus edlem Leder. "Ich möchte den Menschen, die auf so ein Hilfsmittel angewiesen sind, gern ihre Würde zurückgeben", sagt er. Im kommenden Frühjahr soll der Rollator auf den Markt kommen.

Insgesamt sind derzeit acht Mitarbeiter Teheranis mit der Entwicklung neuer Produkte beschäftigt. Das Gros seiner rund 100 Beschäftigten am Elbberg kümmert sich aber nach wie vor um die Gestaltung neuer Gebäude. In Hamburg betreut der Architekt derzeit drei Bauprojekte, darunter exklusive Wohnungsbauten an der Schönen Aussicht, sowie ein Bürogebäude für die Versicherungsgesellschaft Hanse Merkur. Spektakuläre Bauten wie die Tanzenden Türme sind aber nicht darunter.

"Die größten Aufträge erhalten wir derzeit aus Indien", sagt der Unternehmer. Seit etwa einem Jahr unterhält er in dem asiatischen Boomland ein eigenes Büro mit etwa 25 Beschäftigten, die sich unter anderem um den Bau von mehr als 1000 Wohnungen in Bangalore kümmern.

Auch die Bauarbeiten an einem Zigmillionen Euro teuren Büropark in Moskau sollen im Herbst dieses Jahres endlich beginnen. Durch einen Bürgermeisterwechsel in der russischen Hauptstadt und den Rückzug von Baugenehmigungen war es dort zu massiven Verzögerungen gekommen. Damit verbundene finanzielle Engpässe hatten dafür gesorgt, dass Teherani die Gehälter für einen Teil seiner Beschäftigten nicht pünktlich anweisen konnte. Heute gibt es nach seinen Worten aber keine Belastungen mehr aus dem russischen Projekt.

Um neue Bauvorhaben bewirbt sich Teherani mittlerweile als Einzelkämpfer. Anfang des Jahres trennte er sich von seinen langjährigen Partnern Jens Bothe und Kai Richter und übernahm deren Anteile an der Gesellschaft BRT Architekten.