D+H Mechatronic AG hat mit den neuen Fensterideen im In- und Ausland große Erfolge erzielt. Das Unternehmen sucht 70 weitere Mitarbeiter.

Ammersbek. Nach Innovationen braucht Maik Schmees nicht lange zu suchen. Ein Griff in ein Regal in der Produktion und er hält eine gut 30 Zentimeter lange Leiste aus beschichtetem Metall in der Hand, auf deren Oberfläche Solarzellen dunkelblau schimmern. Erst im November hat der Nachrichtentechnik-Ingenieur die Neuheit der Ammersbeker D+H Mechatronic AG auf einer Fachmesse in Paris vorgestellt. Der Antrieb öffnet per Fernbedienung und Funk Dachfenster und schließt sie selbstständig über einen zusätzlich eingesetzten Regenmelder bei plötzlichen Schauern. "Zehn bis zwölf solcher Ideen realisieren wir pro Jahr", sagt Schmees, der technische Leiter des schleswig-holsteinischen Anlagenbauers. "Ideen haben wir deutlich mehr."

Der Erfolg solcher Ideen hat dem Unternehmen eine führende Position bei Lüftungssystemen und zuletzt auch eine Auszeichnung für das Innovationsmanagement eingebracht. Der Wiener Professor Nikolaus Franke stufte die Ammersbeker hier unter den besten 100 Mittelständlern ein und bestätigte ihnen ihre gute Nase für Erfolg versprechende Konzepte. So ist die natürliche Lüftungstechnik, die ohne Ventilator und Klimaanlagen auskommt, eine Weiterentwicklung aus den Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, dem Kerngeschäft der D+H Mechatronic AG.

Bei Entwicklung, Produktion und Verkauf dieser Technologie steht D+H Mechatronic an der Weltspitze. "Die allein in Europa angesiedelte Branche produziert jedes Jahr Anlagen für 100 Millionen Euro. 30 Prozent davon gehen auf unser Konto", sagte D+H-Vorstandschef Dirk Dingfelder. Im Verkauf erzielte das Unternehmen mit seinen in sieben Ländern arbeitenden Vertriebstöchtern 2011 knapp 50 Millionen Euro Umsatz. In diesem Jahr soll der Wert deutlich übertroffen werden.

Dabei verlagert sich das Geschäft immer mehr ins Ausland. Zu den Großaufträgen zählen dabei ein Bürokomplex in Moskau, ein Forschungszentrum in San Francisco oder das Nelson Mandela Bay Stadion im südafrikanischen Port Elizabeth. Überall dort öffnen und schließen jetzt Tausende von Antrieben aus Ammersbek Fenster und Brandschutztüren. In Hamburg rüstete D+H das ECE-Zentrum Hamburger Meile sowie das Terminal 2 am Flughafen in Fuhlsbüttel aus.

"Das stärkere Wachstum wird weiter aus dem Ausland kommen. Schon heute erzielen wir dort 60 Prozent unseres Umsatzes", bilanziert D+H-Vorstand Thomas Kern. Denn gerade außerhalb Deutschlands seien noch viele ältere Anlagen zu ersetzen. Ins Blickfeld der Norddeutschen rücken dabei derzeit Frankreich, die USA und China. "Für diese Länder haben wir bereits die jeweiligen Zulassungen für unsere Abzugssysteme erworben", sagt Kern. Welche Länder weiter erschlossen werden sollen, will er aber nicht verraten, um der Konkurrenz keine Hinweise zu geben. Nur so viel: Vor allem Auslandsaufträge sollen dafür sorgen, dass der Umsatz des Unternehmens zumindest in den kommenden fünf Jahren jährlich um zehn Prozent zulegt.

Um dafür auch in der Produktion mithalten zu können, haben Dingfelder und Kern die Weichen gestellt. Direkt neben dem Hauptgebäude stehen zwar noch Gerüste vor einem Neubau. Schon im August soll er aber bezugsfertig sein. 6,5 Millionen Euro werden dort für 2500 Quadratmeter Werkstätten und ebenso viele neue Büro und Lagerflächen investiert. Damit werden die bisher genutzten Flächen fast verdoppelt. Die Belegschaft in Ammersbek soll spätestens bis 2017 von derzeit 230 auf mehr als 300 Beschäftigte wachsen. "Gleichzeitig werden wir die Zahl der Auszubildenden von 24 auf 30 erhöhen und für sie eine eigene Werkstatt in den Neubau integrieren", verspricht Dingfelder. Denn eines ist für ihn klar: "Trotz der internationalen Ausrichtung bleiben wir ein Familienunternehmen und fühlen uns der Region verbunden." Im Klartext: Produktion und Entwicklung bleiben in jedem Fall in Ammersbek. "Wir wollen dort Arbeitsplätze bieten, wo die Familien leben", sagt der Vorstandschef.

Tatsächlich hat sich der Standort des Unternehmens seit 1968, als D+H als reiner Installateur für Rauchabzugsanlagen in Meiendorf an den Start ging, räumlich nur wenig verändert. Gründer war neben Dingfelders Vater Henner der Tankwart Klaus Hadler. Daher firmierten die beiden unter D und H. Vor allem Dingfelder hing dabei so an Hamburg, dass er selbst dem Wechsel nach Ammersbek 1997 nur schweren Herzens zustimmte. "Hamburg hat uns aber nicht genügend Flächen für die Expansion angeboten", erinnert sich sein Sohn Dirk heute.

Dritter in der Firmenführung wird 1972 Helmut Kern. Den Vater von Thomas hatte Hadler beim Tauchen kennengelernt. Bei einem Treffen auf dem Campingplatz Costa-Sahna bei Kraksdorf an der Ostsee beschließen die drei künftig zusammenzuarbeiten. Den ersten elektrischen Antrieb zum Öffnen von Fenstern konstruiert der Ingenieur Kern aus einem Scheibenwischermotor.

Mehr als 40 Jahre liegt der bescheidene Beginn in einem Zweifamilienhaus nun zurück. Heute bietet D+H die meisten Arbeitsplätze in der gut 9000 Einwohner zählenden Gemeinde Ammersbek. Der Gewinn liegt im mittleren einstelligen Millionenbereich. Genauere Zahlen nennen Dingfelder und Kern nicht. Aber an Verluste erinnert sich keiner der beiden.

Genau wie ihren Wachstumskurs haben die beiden Eigentümer auch die Zukunft ihres Unternehmens abgesteckt. Nachdem Klaus Hadler 1992 ausgeschieden war, soll es weiter in Besitz der Familien bleiben. Jede hält derzeit genau die Hälfte der Aktien. Allein Dingfelder und Kern haben jeweils vier Kinder, die künftig in ihre Fußstapfen treten könnten. "Für die Übergabe an mich hatte mein Vater Henner damals einen Meistertitel vorausgesetzt", sagt Dingfelder. Er bestand seinen Elektromeister und auch Kern hat als Werkzeugmacher den Titel erworben. "Wenn unsere Kinder künftig einsteigen wollen, müssen sie zuvor vor allem Berufserfahrung bei anderen Firmen erwerben", sagt Kern. Dafür bleibt noch reichlich Zeit. Dingfelder und Kern sind beide erst Mitte 40.