Frank Jacob war der erste Bewohner des Stadtteils. Der Jurist über sein Leben mit Touristenmassen und eine “überraschend bunte Zukunft“.

HafenCity. Wenn die HafenCity ein Mensch wäre, dann ist Frank Jacob quasi bei der Geburt dabei gewesen. Vor fast acht Jahren, im November 2004, ist er an den Sandtorkai 62 gezogen. Die ersten drei Monate hatte er den Stadtteil beinahe für sich allein. Er war der erste Mieter in der HafenCity.

Heute ist es um seine Wohnung herum oft brechend voll. "Das können Sie sich nicht vorstellen", sagt er und weist mit dem Arm durch das geöffnete Fenster von den Magellan-Terrassen bis zur Elbphilharmonie. Ein Touristenmagnet jagt den nächsten.

Einige Nachbarn störe das. Zumal viele von ihnen in Wohnungen leben, die so blickgeschützt sind, wie es Glaskästen nun einmal sein können. Ihm macht das nichts aus. "Wir mussten alle damit rechnen."

+++ Die Geschichte der HafenCity +++

Seit seinem Einzug in die 140-Quadratmeter-Wohnung hat sich viel geändert. Früher gab es keinen Supermarkt, keine Kneipe, keine Nachbarn, keinen Park. "Das war ein bisschen wie in einer Geisterstadt", erinnert sich Jacob. Seine Einweihungsparty war die größte, die er in seinem Leben bisher veranstaltet hat. Wer hätte sich durch den Krach auch gestört fühlen können? War ja keiner da.

Wenn der Jurist heute aus dem Wohnzimmerfenster guckt, dann blickt er nicht mehr auf eine Geisterstadt. Knapp 1100 Menschen wohnen mittlerweile in der HafenCity. Viele von ihnen in Häusern wie Jacob. Modern, eckig, viel Glas. Es gibt Kneipen, Restaurants, Kindergärten, Supermarkt, Kunst. Jacob sagt: "Die HafenCity ist aus den Kinderschuhen raus."

Wer wie Jacob in Hamburgs 104. Stadtteil gezogen ist, der kennt Sätze wie diesen aus der U-Bahn: "Das sieht ja alles ganz spannend aus, aber ich würde da nicht wohnen wollen." Mit der HafenCity seien von Beginn an Vorurteile verbunden gewesen. "Alle haben gedacht, das wird jetzt eine Single-Hochburg mit vagabundierenden Managern", sagt Jacob. Doch so sei es nicht gekommen, sagt der 43-Jährige, der selber eigentlich perfekt in dieses Bild passen würde. Er lebt allein in der Wohnung, pendelt zwischen Hamburg und anderen Städten hin und her. In Berlin hat er eine Zweitwohnung. Am Sandtorkai schläft er nur drei- bis viermal pro Woche.

Grundsätzlich habe sich die HafenCity so entwickelt, wie er es sich gewünscht hatte. Ein Stadtteil, der mittlerweile selbstverständlich zu Hamburg gehört. "Es ist viel richtig gemacht worden", sagt Jacob. Er spricht von der Entscheidung für die U-Bahn, davon, wie wichtig es sei, dass Großveranstaltungen wie der Marathon auch durch die HafenCity führen.

Aber er schimpft auch. Über den Dreck und Staub der Kreuzfahrtschiffe, der sich manchmal wie ein Film über die Glasfassaden zieht. Über eine seiner Meinung nach missglückte Verkehrsplanung, über irreführende Fahrradwege und natürlich - über die Elbphilharmonie.

Doch so sei es nun mal mit "Kindern", die größer werden. "Irgendwann kommen sie eben in die Pubertät, und dann machen sie auch Probleme. Dinge, die sich die Eltern anders vorgestellt hatten." Aber sie werden auch selbstbewusster und kantiger. Jacob ist zuversichtlich. Er wollte bewusst "von Anfang an mit dabei sein" und "aktiv mitgestalten". Wäre die HafenCity ein Mensch, dann würde sie in ein paar Jahren "erwachsen sein", sagt Jacob, "zumindest, wenn sie sich so schnell weiterentwickelt wie bisher".

Die Stadtplaner rechnen damit, dass das etwa 2025 der Fall sein wird. Wie sie wohl sein wird, die "erwachsene" HafenCity? Frank Jacob ist sich sicher: "Sie wird uns überraschen und viel bunter werden, als alle je gedacht haben."