Privatisierung des LBK sollte die Stadt entlasten. Doch die Rechnung geht wohl nicht auf

Es gab Zeiten - und die sind gar nicht lange her -, als die Politik von einer Privatisierungswelle erfasst war. Bund, Länder und Kommunen überboten sich im Verkauf des "Tafelsilbers", wie es manchmal vorwurfsvoll, manchmal schön bemäntelnd hieß. Die herrschende Doktrin lautete, der Staat solle sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren: Polizei, Feuerwehr, Gefängnisse, Schulen und Universitäten. Alles andere könnten private Wirtschaftsunternehmen besser.

Der schöne Nebeneffekt, in Wahrheit der Hauptgrund der Veräußerungen von Stadt- und Wasserwerken, von Krankenhäusern und Immobilien: Es kam sehr viel Geld in die chronisch klammen öffentlichen Kassen.

Längst ist Ernüchterung eingekehrt. In Hamburg muss der Verkauf der traditionsreichen Hamburgischen Electricitätswerke (HEW), der in den 90er-Jahren noch von der SPD eingeleitet worden war, inzwischen als schwerer Fehler bezeichnet werden. Von sinkenden Strompreisen kann keine Rede sein, und der Stadtstaat hat sich der Möglichkeit einer eigenständigen Energiepolitik weitgehend beraubt. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ist bei der Umsetzung seiner Energiewende heute auf den Goodwill des Energiekonzerns und HEW-Käufers Vattenfall angewiesen.

Es darf insgesamt auch bezweifelt werden, ob der Verkauf der Allgemeinen Krankenhäuser in Hamburg, also des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK), zu Zeiten des CDU-Senats ein gutes Geschäft für die Stadt und damit ihre Steuerzahler war. Dass die Rechnung im Kleinen nicht aufgeht, zeigt der Blick auf die sogenannten LBK-Rückkehrer. Um den immensen Protest der gewerkschaftlich gut organisierten Mitarbeiter gegen die Privatisierung zu mindern, hatte der CDU-Senat mit dem Käufer Asklepios vereinbart, dass die Beschäftigten in den öffentlichen Dienst zurückkehren können. Die Grundlage hatte allerdings sogar die SPD viel früher geschaffen: 1995, bei der Gründung des Landesbetriebs Krankenhäuser. Die CDU hatte mit 400, 500 Frauen und Männern gerechnet, die nach dem LBK-Verkauf zurück wollen könnten. Es kamen fast 1500.

Seit 2008 sind mehr als 150 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt in die Rückführungsaktion geflossen. Was macht eine Stadt mit Hunderten von Krankenpflegern und -pflegerinnen, wenn sie doch gerade ihre Krankenhäuser verkauft hat? Eben. Teure Umschulungen und Qualifizierungen sind nötig. Und zahlreiche befristete Einsätze und Projekte, um den Menschen Arbeit zu geben und sie nicht zu teuren Spaziergängern zu machen.

Um nicht missverstanden zu werden: Die Ex-LBKler nehmen nur ein ihnen zustehendes Recht in Anspruch. Wer allerdings den Bruttokaufpreis von 316,8 Millionen Euro für den gesamten LBK in Relation zu den bis jetzt schon entstandenen Rückführungskosten stellt, dem schwant Böses. Und die Ausgaben steigen weiter, denn ein Drittel der LBK-Rückkehrer wartet noch auf eine feste Stelle.

Die Gesamtbilanz für den LBK-Verkauf steht also aus. Fairerweise muss hinzugefügt werden, dass die Häuser heute saniert sind, dass mehr Personal beschäftigt wird und den Haushalt nicht immer weiter steigende Pensionslasten drücken.

Trotzdem ist es eher unwahrscheinlich, dass die Aktion auch unter den heutigen Bedingungen noch stattfinden würde. Zumal der LBK-Verkauf mit einem schweren Makel behaftet ist: Die Hamburger hatten ihn 2004 per Volksentscheid abgelehnt, aber die CDU hatte sich darüber hinweggesetzt.

Die Privatisierungswelle ist jedenfalls in Hamburg richtigerweise abgeebbt. Ein so kostbares Gut wie sauberes Wasser sollte nicht der Gewinnmaximierung ausgesetzt werden.

Und wenn die Stadt weiterhin mindestens in gewissem Umfang kostengünstigen Wohnraum anbieten will, sollte sie das Steuerungsinstrument, das sie mit der SAGA hat, nicht aus der Hand geben.