Eine Glosse von Matthias Rebaschus

Psychologen sagen: Die schönste Freude ist die Vorfreude. Aus diesem Satz lässt sich unsere Hamburger Wohlfühltemperatur ablesen. Die liegt präzise bei 18 Grad. Denn: Erreicht das Thermometer im Frühling diesen magischen Wert, können wir uns auf den Sommer freuen; er kommt sicher, wie herrlich! 18 Grad ist auch die charmanteste Temperatur: Die Frauen laufen nicht mehr mit dicken Daunenjacken wie Michelin-Männchen herum, und die Männerwelt zeigt noch nicht ihre kurzbehosten Stachelbeine in Birkenstock-Latschen und den "Wo gibt's Gegrilltes?"-Blick.

Jene 18 Grad halten auch unsere Zivilisation sichtbar im Gleichgewicht: Der Hamburger ist an Alster oder Elbe perfekt ausbalanciert mit einem Drink oder dem ersten Eis in der Hand und in der anderen Hand viel Zeit, um bei einem Hauch von Westwind den Blick Richtung New York zu lenken.

Zeitgeistsucher nennen so etwas gern "sich auslüften". Für uns Hamburger ist das einfach nur Muße oder der pure Genuss, sich in der lebenswertesten Stadt der Welt aufzuhalten.

Und nun haben wir Mitte Juli und draußen bitterkalte 13,8 Grad zum Frühstück. Da geht kein Gedanke freiwillig über den Atlantik, höchstens bis Holm-Seppensen, was ja auch sehr schön ist und an die Nachbarn erinnert. Die antworten auf die Frage nach ihrer Wohlfühltemperatur freudig: "16 Grad, leichter Nieselregen und eine Barbourjacke!" Alles für den Spaziergang im Holm-Seppensener Wald. Wo einem dann dieser Sommer ganz kalt und schauerlich ins wachstuchfreie Gesicht tropft.

Nee, danke, da friere ich lieber vor lauter Vorfreude auf den kommenden Sommer im Jahr 2013 in meiner Stadt.