Vattenfall investiert bis zu 500 Millionen Euro in Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in Wedel. Inbetriebnahme 2016 oder 2017 geplant

Hamburg. Der Hamburger Energieversorger Vattenfall und die Stadt Hamburg haben sich offenbar darauf geeinigt, dass auch künftig die Fernwärme für zahlreiche Unternehmen und rund 180 000 Hamburger Haushalte aus Wedel kommen wird. Das bisherige, 1961 erbaute Steinkohlekraftwerk an der Elbe soll spätestens im Jahr 2016 oder 2017 durch ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk ersetzt werden. Es soll mit 400 Megawatt thermischer Leistung der Kapazität der bisherigen Anlage entsprechen. Das erfuhr das Abendblatt aus Kreisen, die der Stadt nahestehen.

Vattenfall wollte dies gestern zwar nicht kommentieren, wies aber darauf hin, dass in Kürze eine Entscheidung zum Standort des Kraftwerks bekannt gegeben werden soll. Für die Umwelt wäre die Abschaltung der Wedeler Anlage positiv. Denn das Kraftwerk stößt derzeit pro Jahr rund 1,5 Millionen Tonnen des klimaschädlichen CO2 aus. Die Emissionen eines Gaskraftwerks liegen um rund die Hälfte niedriger.

Das Investitionsvolumen für das neue "Innovationskraftwerk", wie Vattenfall sein Projekt nennt, liegt zwischen 430 und 500 Millionen Euro. Wedel bietet sich als Standort vor allem deshalb an, weil dort bereits ein Kraftwerk steht. Vattenfall spare damit rund 100 Millionen Euro an Erschließungskosten, weil das Unternehmen auf vorhandene Wärmetrassen zurückgreifen kann, wie das Abendblatt weiter erfuhr.

Die Zahl der Mitarbeiter wird in dem Innovationskraftwerk allerdings deutlich geringer sein. Während in Wedel derzeit 120 Beschäftigte arbeiten, sind es in moderneren Gaskraftwerken erfahrungsgemäß nur 20 bis 30. Denn Tätigkeiten wie die Versorgung des Meilers mit genügend Kohle fallen weg. Zudem sind viele Prozesse in modernen Kraftwerken inzwischen automatisiert. So kommt auch das Gas für das Kraftwerk automatisch aus der Leitung. Betriebsbedingte Kündigungen soll es allerdings nicht geben. Einige seiner Mitarbeiter in Wedel hat Vattenfall bereits nach Moorburg versetzt, andere Beschäftigte haben zeitlich befristete Arbeitsverträge.

Mit den Planungen für den Bau setzt der Versorger einen zentralen Bestandteil aus dem Energiekonzept Hamburgs um. Neben dem Verkauf von 25,1 Prozent seines Netzes hat sich Vattenfall darin unter anderem gegenüber der Stadt verpflichtet, in den kommenden sechs Jahren rund 1,5 Milliarden Euro in die Energieinfrastruktur in der Metropolregion zu investieren. Schwerpunkte bilden neue Speichertechnologien für Wärme, die aus Strom gewonnen wird, und der Umbau der Infrastruktur von Vattenfall zu intelligenten Netzen.

So wird auch das neue Kraftwerk mit einem System ausgerüstet, bei dem überschüssiger Windstrom, der nicht ins öffentliche Netz geleitet werden kann, in Wärme umgewandelt und danach gespeichert wird. Bei diesem Verfahren wird der Strom zum Erwärmen von Wasser benutzt, was wieder zum Heizen verwendet werden kann. Um diese Technik zu realisieren, will Vattenfall offenbar nicht bis zur Inbetriebnahme der neuen Wedeler Anlage 2016/17 warten. Bereits in naher Zukunft setzt der Versorger einen Wärmespeicher an seinem Standort Tiefstack an der Elbe ein, wo das Unternehmen bereits seit Jahren ein Gas- und Dampfkraftwerk betreibt.

Eigentlich wollte der Energiekonzern die Stadt künftig mit Fernwärme aus dem im Bau befindlichen Kohlekraftwerk Moorburg beliefern. Denn dieses produziert neben Strom auch Abwärme. Doch die fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung führte dazu, dass das Unternehmen am Ende doch die Gasvariante favorisierte. Denn von Moorburg aus hätte für die Fernwärme extra eine Trasse unter der Elbe hindurch nach Altona verlegt werden müssen. Unter anderem wären den Bauarbeiten zahlreiche Bäume zum Opfer gefallen. Erschwerend kam hinzu, dass sich der Bau in Moorburg wegen technischer Mängel im Kraftwerkskessel verzögert hat.

Aktuell rechnet das Unternehmen damit, dass die Anlage erst Anfang 2014 eingeweiht werden kann. Auch deshalb setzt Vattenfall auf die vorhandenen Trassen in Wedel. Dennoch ist für den Konzern das Thema Fernwärme aus Moorburg weiterhin aktuell. Die Infrastruktur, um aus dem Kohlemeiler auch Wärme gewinnen und verarbeiten zu können, sowie die Schnittstellen zu möglichen neuen Fernwärmeleitungen sind in dem neuen Kohlekraftwerk bereits installiert worden.

Offenbar plant der Versorger nach Inbetriebnahme des größten Kraftwerks in der Hansestadt, die südlichen Stadtteile an ein neues Fernwärmenetz anzuschließen. Damit könnte Vattenfall seine Marktposition festigen und neue Regionen im Stadtgebiet erschließen. Schon jetzt ist das Unternehmen Marktführer im Hamburger Fernwärmebereich. Am gesamten Wärmemarkt hat der Stromkonzern einen Anteil von 20 Prozent.