Flucht eines Garde-Generals ist Alarmsignal für Syriens Regime

Wenn es am Ende eines Krisengipfels heißt: Wir bleiben im Gespräch, dann kann man getrost von einer Pleite erster Ordnung reden. Außenminister Guido Westerwelle ist also in Moskau mit seinem Versuch, die Russen in der Syrien-Frage umzustimmen, gescheitert. Doch sein hartleibiger Kollege Sergej Lawrow hat wenig Anlass, sich über den Westen wechselweise zu entrüsten oder zu amüsieren.

Die anhaltende Unterstützung Russlands für das mörderische Assad-Regime ist skandalös und lässt alle Gedankenspiele fragwürdig erscheinen, Moskau eine wichtige Rolle beim Aufbau einer tragfähigen europäischen Sicherheitsarchitektur zu überlassen.

Der Kreml interessiert sich offenbar nicht für das Leid der Menschen in Syrien, für die Opfer bestialischer Folterungen oder für die mehr als 12 000 Todesopfer des Regimes. In Moskaus Syrien-Politik geht es einzig um den strategisch wichtigen Marinestützpunkt in der syrischen Hafenstadt Tartus und um die lukrativen Waffenlieferungen an Syrien. Beides könnte durch einen Regimewechsel in Damaskus verloren gehen.

Die Machtposition der Assad-Sippe ist - nicht zuletzt dank der russischen Blockadepolitik im Sicherheitsrat - derzeit noch stark. Doch sie beginnt zu bröckeln. Die Flucht des prominenten Generals Manaf Tlass ist ein bemerkenswertes Symptom, denn dieser Mann war immerhin ein enger Jugendfreund von Baschar al-Assad und zugleich ein Kommandeur der Republikanischen Garde.

Diese Eliteeinheit ist die Prätorianergarde des Despoten, seine Leibwache, befehligt von seinem brutalen Bruder Maher. Wenn jemand aus dem inneren Machtzirkel die Lage des Regimes für derart aussichtslos hält, dass er seine Karriere und sein gesamtes bisheriges Leben aufgibt, dann muss es dafür gute Gründe geben.

So viel ist sicher: Assad und sein Clan werden sich nicht für alle Zeit behaupten können - und sie wissen, dass ihnen nach den Massakern der letzten Wochen in Syrien kaum Gnade gewährt werden würde. Assad hat die Wahl: Asyl im Ausland - oder Abtreten mit einem großen Knall. Syrien hat vermutlich die größten Bestände an Chemiewaffen auf der Welt.