Eine Glosse von Mira Chopra

Wenn ich mit meinem Hund Yosef Gassi gehe, dann sind es immer dieselben Menschen, die mir über den Weg laufen. Andere Menschen mit Hund, die auch abends noch eine Runde drehen. Unser Gesprächsthema? Na, was wohl. Gepflegter "Hunde-Small-Talk". Mittlerweile kennt man sich. Doch vor ein paar Tagen musste ich unsere "tierisch" eingeschworene Gemeinschaft dann doch einen Moment infrage stellen. Auf dem Weg zur U-Bahn sah ich morgens schon von Weitem eine der Damen, die ich regelmäßig beim Gassigehen treffe. Ich lächele ihr zu und grüße nett. Die Dame reagiert gar nicht. Schaut mich nur irritiert an. Ich beginne schon, an mir selbst zu zweifeln, als sie plötzlich ruft: "Ach, ich hab Sie gar nicht erkannt! Ohne Yosef sehen Sie so anders aus." Ich blicke an mir herunter. Ja, gut, jetzt bin ich eine Frau ohne Hund aber ansonsten doch recht unverändert zum Vorabend. Nur eine Sache hat sich verändert: Bei der Gassi-Runde plapperten wir munter drauflos, an diesem Morgen stehen wir voreinander und spüren das peinliche Schweigen. Sind die Vierbeiner nicht da, tun wir uns schwer. Dabei wissen wir über das Tier des anderen jede Menge: Alter, Rasse, Wehwehchen und wie oft er Stuhlgang hat. Den Namen des Halters (wie es in korrektem Amtsdeutsch heißt) dafür nicht. Frauchen von Otto, Herrchen von Emma. Das reicht meist für die Kommunikation. Als ich mich nach den Schweigeminuten von der Dame verabschiede, rufe ich noch: "Grüßen Sie Frau Schrader schön von mir, wenn Sie sie im Park sehen." "Wen?" "Na das Frauchen von dem kleinen Timmi." Sie lächelt. Damit kann sie arbeiten.