Eine Glosse von Juliane Kmieciak

Rums - da lag das Bücherregal plötzlich zusammengekracht auf dem Boden. Und die ziemlich ausgebuffte Ordnung, in der die Bücher im Regal einstaubten, war auch dahin. Vorher ging das von links oben bis rechts unten ungefähr so: Schund und Peinlichkeiten ("Das Abenteuer, erwachsen zu werden" von 1974) - will ich noch lesen ("Das Leben ist nur eine Phase") - werde ich nie lesen, soll aber so aussehen als ob ("Hundert Jahre Einsamkeit") - Unibücher, Schmöker, Klassiker, Sachbücher, Biografie, Reise. Alles futsch. Der Naxos-Reiseführer hat sich in Zweigs "Schachnovelle" geblättert, der Diercke-Weltatlas liegt auf "Mama hat ein Ei gelegt", und Sten Nadolny entdeckt die Langsamkeit des Passé Composé.

So kann es nicht bleiben. Irgendeine Interimslösung muss her, bis ein neues Regal gekauft und aufgebaut ist. Erster Gedanke: Stapel. Zweiter Gedanke: Stapel. Besser wird's nicht. Aber wie? Nach Genre? Nach Autoren? Nach Erscheinungsjahr oder Verlag? Alles zu anstrengend. Wieder folge ich der ersten Eingebung und beginne, die Bücher ihrer Farbe nach aufeinanderzutürmen. Rot-Orange, Blaugrau-Grün, Weiß, Gelb, Schwarz und Lila. Nach etwa einer Stunde bilden die Bücher nicht nur eine Art Skyline, sondern auch eine verblüffend einfache Farbenlehre: Je dunkler, desto krimiger, je gelber, desto kleiner, je roter, desto mehr Coelho, je weißer, desto irgendwie alles, und je violetter, desto kleiner der Stapel. Lila - das sind offenbar nur Bücher, die im weitesten Sinne "spirituell" sind. "Das große Pilates-Buch", "Traumdeutung von A bis Z" und "Die Kraft der Steine". Und weil drei Bücher nach Feng-Shui zu tief gestapelt sind, brauche ich farblichen Nachschub. Wer 100 Prozent spirituell-freie Bücher in Richtung Flieder, Bordeauxviolett, Blaulila und Strawberry kennt, der melde sich doch bitte unter shanti@billy-rums.de .