Eine Gema-Bewertung von Thomas Andre

An der Gema scheiden sich die Geister. Manche halten sie für die trutschige Tante, die sich mit veralteten Ansichten gegen neue Entwicklungen stellt. Geh' ma in die Welt raus und guck sie dir an, wie sie ist! - das rufen die nonchalanten YouTube-Konsumenten und MP3-Hörer der Musikverwertungsgesellschaft zu, die fürwahr eine etwas statische Vorstellung vom Urheberrecht hat.

Gerade die jüngeren Leute wollen nämlich die Verhältnisse zum Tanzen bringen. Geistiges Eigentum? Die Rechte des Schöpfers? Ach, die sollen sich mal nicht so anstellen! Ist doch eh viel romantischer, wenn der Künstler nicht nach festen Tarifen bezahlt wird. Hätte er ja auch Beamter werden können. Echte Kunst wird nicht für Geld gemacht! Und zur Not zahlen wir halt 'ne Kulturflatrate. Auf der Tanzfläche übrigens, wenn wir zu den Liedern tanzen, um die es der Gema geht, interessiert nicht, wie viele CDs der Interpret verkauft hat. Da ist nur interessant, wie viel das nächste Bier kostet.

Sollte die Gema ihr Tarifsystem wirklich verteuern, dann könnte das Bier bald auch teurer werden. Das mag zu verschmerzen sein. Nicht zu verschmerzen aber ist, sollte der ein oder andere Tanzschuppen schließen müssen, weil er viele Tausend Euro mehr für seine Jugendbespaßungen überweisen muss. Deshalb wird an diesem Sonnabend, 23.55 Uhr, bundesweit in den Diskotheken die Musik verstummen. Es ist 5 vor 12, sagen die Betreiber - deine Disco braucht dich.

Vielleicht läuft ja gerade der EM-Song von Oceana, wenn es im Molotow oder dem Moondoo still wird. Der macht, der ollen Tante Gema und ihrer Erbsenzählerei sei Dank, zwei Hamburger Elektropopper gerade ein bisschen reich. Die Gema weiß nämlich, was ein Sample ist. So von Vorgestern ist sie nun auch nicht.