Eine Glosse von Norman Raap

Der Name ist ein Zeichen, wussten schon die alten Römer (nomen est omen), die ja gelegentlich auch mit mehr oder weniger schlauen Galliern wie Verleihnix und Troubadix zu tun hatten. Deren Nachfahre Yves (Frankreich) und sein lautmalerischer Ableger "Ein Junge namens Üffes" (Hamburg), der am Donnerstag an dieser Stelle vorgestellt wurde, müssen wenigstens nicht fürchten, einen Modenamen zu haben wie Ben und Mia, die Top-Favoriten der Deutschen 2011.

Dabei hat die Unfähigkeit, seinem Nachwuchs vernünftige Namen zu geben, selbst einen Namen: Kevinismus (auch Chantalismus).

Abgesehen davon, dass Kevin in der Hitliste der Lieblingsnamen auf Platz 119 vor sich hin dümpelt und Chantal auf Rang 395 schon fast ein "no name" ist: Wir wissen nicht, ob Üffes' Mutter an Kevinismus leidet. Doch bei Kevin und Chantal glauben wir sofort Bescheid zu wissen. Das kann nichts Gutes heißen.

Unter Deutschlehrern kursiert eine brisante Theorie. Symptom für Kevinismus sei ein manisches Verlangen, die Namen französisch oder englisch aussprechen zu wollen. Und: Die Namen sind ausnahmslos Doppel- oder Dreifachnamen, die die Eltern zwar schreiben, aber nicht aussprechen können, wie Käf'n-Tschüstin-Schäröam (für Kevin-Justin-Jerome).

Kevinismus-Geschädigte finden sich überall. Im Supermarkt: "Schakke-line, komm wech von die Regale!" Auf dem Spielplatz: "Schan-talle, geh nischt bei die Asis!" Und immer noch am (Obst-)Regal: "Schakke-line, komma bei Mama jetz! Nein, kein Apfel, wir hatten Kaugummi ausgemacht!"

Beherrschen diese meist zu Unrecht als bildungsfern gescholtenen Mütter vielleicht die Kunst der feinen Ironie? So, wie ein findiger Münchner? Er taufte seine Mietmaschinen-Firma 1988 allen Ernstes Verleihnix, als Hollywood gerade den Kinohit "Kevin - Allein zu Haus" vorbereitete. Noch im Premierenjahr 1991 kletterte Kevin auf Platz 1 der beliebtesten Vornamen. Zum ersten und letzten Mal. Wenn das kein Zeichen ist!