Linke ist personell auf dem Weg zurück in die Zukunft

"Wir haben zwei gewählte Vorsitzende, und eine linke Partei muss den Ehrenkodex haben, dass sie die gewählten Vorsitzenden in ihrer Arbeit solidarisch unterstützt." Ein löblicher Vorsatz. Nur aus dem Mund eines Oskar Lafontaine klingt er fast wie eine Drohung. Denn er hat nach seinem Rückzug ins heimatliche Saarland wieder bundespolitische Ambitionen angemeldet, sekundiert vom Partei-Unikum Gregor Gysi. Die Neuwahl des Vorstands der Linken steht für Anfang Juni auf einem Parteitag in Göttingen auf der Agenda. Und das derzeitige Führungsduo Klaus Ernst und Gesine Lötzsch hat alles andere als eine glänzende Vorstellung hingelegt. Die Partei konnte weder aus der Euro-Krise für sich Kapital schlagen noch mit sozialen Themen punkten. Wenn aber einer weiß, wie eine Partei zu wecken und ein zaudernder Konkurrent wegzubeißen ist, dann Lafontaine. Rudolf Scharping und der Rest der Republik erinnern sich noch gut an den November 1995, als der Saarländer mit einer einzigen Rede Scharping den SPD-Vorsitz entriss.

Um ihn nach dreieinhalb Jahren niederzulegen und später schließlich zur Linken überzutreten. Das macht ihn bis heute bei den Sozialdemokraten zum roten Tuch - und zum Koalitionshindernis ersten Ranges auf Bundesebene. Doch derartige personaltaktische Rücksichten dürften bei den Linken derzeit keine Rolle spielen. Dazu ist die Not zu groß. Seit der Vereinigung von Linkspartei.PDS/Ost und WASG/West im Jahr 2007 hat die Partei nicht etwa den gesamtdeutschen Siegeszug im linken Spektrum angetreten. Sie besteht weiter aus zwei sich relativ fremd gebliebenen Teilen, die vor allem durch Personalquerelen von sich reden machen. Die Dominanz der Etablierten in der Partei - von Gysi über Wagenknecht bis eben Lafontaine - hat dabei dem eigenen Nachwuchs keine Chance gelassen, sich zu profilieren. So sind ausgerechnet die, die glauben, den Menschheitsfortschritt für sich gepachtet zu haben, personell das Konservativste, was die bundesrepublikanische Parteienlandschaft derzeit zu bieten hat. Ein Comeback Lafontaines würde diesen Trend zurück in die Zukunft weiter verstärken.