Bezirk Eimsbüttel kann Neubauten oder bauliche Änderungen an Gebäuden verweigern. Bewohner meint, es habe zu viel Abriss gegeben.

Eimsbüttel. Das Generalsviertel sieht aus, wie sein Name klingt. Gediegener Jugendstil, Fassaden der Gründerzeit, Straßen aus Kopfsteinpflaster. Unweit des Isebekkanals dominieren teils eng aneinandergeschmiegte Altbauten das Eimsbüttler Wohngebiet. Kurz: Das Viertel macht nicht nur wegen seines erhabenen Namens Eindruck.

"Es ist eine gewachsene Umgebung", sagt Heiko Jungmichel, der seit sieben Jahren im Viertel lebt. "Doch leider wurde in den vergangenen Jahren viel abgerissen. Gerade schöne Stadtvillen mussten eher unpassenden Neubauten weichen. Dabei ist hier sehr viel erhaltenswerte Substanz vorhanden."

Denn dort, wo die Straßen nach preußischen Generälen wie Albrecht von Roon oder Friedrich von Wrangel benannt sind, zwischen Bismarckstraße und Eppendorfer Weg, wird schon seit Längerem nicht mehr so genau hingesehen, wenn es um das historische Milieu geht. Moderne Architektur, unpassende Dachaufbauten und Kahlschlag an der Altbausubstanz zerfleddern das gewachsene Ambiente zusehends. Eine Entwicklung, die das Bezirksamt Eimsbüttel jetzt in den Griff bekommen möchte. Neben Harvestehude, Rotherbaum, Eimsbüttel-Nord, dem Lokstedter Zylinderviertel und der Lohkampsiedlung in Eidelstedt wird nun auch das Generalsviertel als sechstes Gebiet im Bezirk unter Schutz gestellt.

Mit der etwas sperrig klingenden Erhaltungsverordnung nach Paragraf 172 des Baugesetzbuches kann das Bezirksamt künftig Genehmigungen für den Neubau, den Rückbau, die Änderung oder die Nutzung von Gebäuden verweigern. Eine soziale Erhaltungsverordnung wie auf St. Pauli oder in St. Georg gehe damit allerdings nicht einher. Die durchaus vielfältige Sozialstruktur im Generalsviertel soll erst einmal nicht explizit geschützt werden, sagt Amtssprecher Stephan Glunz. "Vielmehr soll das Viertel in seiner baulichen Struktur und dem einmaligen Charakter erhalten werden."

Bislang hatte der Bezirk nur wenig Einflussmöglichkeit, wenn ein Investor Altbauten erweitern oder gar abreißen wollte. "Und das ist schade", sagt Heiko Jungmichel, der als Inhaber eines Blumenladens an der Bismarckstraße einigen Abriss mit ansehen musste. Die Erhaltungsverordnung komme deshalb auch sehr spät, zu viel sei bereits unwiederbringlich verloren gegangen. "Trotzdem ist es natürlich gut, dass so eine Verordnung überhaupt kommen soll." Vielleicht wären damit die drei Neubauten an der Bismarckstraße nicht entstanden, auf die sein Blick jetzt fällt. "Unpassend" seien die. Stilistisch dem Generalsviertel nicht angemessen. Ebenso eine Holzquadervilla direkt daneben. Klar könne er verstehen, dass Leute lieber in Neubauten leben möchten. "Aber die können doch dann in der HafenCity bauen oder in anderen Stadtteilen." Hamburg habe genügend Neubaugebiete.

Dagegen besitzt die Stadt kriegsbedingt nicht mehr allzu viele zusammenhängende Altbauviertel. Das Generalsviertel, zwischen 1875 und 1909 auf einer ehemaligen Kuhweide angelegt, besticht bis auf ein paar Kriegszerstörungslöcher und der darauf folgenden Nachkriegsbebauung, vor allem mit vier- bis fünfgeschossigen Etagenhäusern. Entlang der Bismarckstraße stehen große Reihen- und Einzelvillen. Fast alle Häuser weisen reiche Ornamente auf. "Und um einen Verlust der städtebaulichen Qualität zu verhindern, wird der Milieucharakter nun mit der Verordnung geschützt", sagt Stephan Glunz. Wer von nun an etwas ändern möchte, muss Rücksprache mit dem Bezirk halten.

Ein Problem der Vergangenheit sei gewesen, dass individuelle Dachaufbauten, unterschiedliche Materialien sowie maßstabsferne Gauben den Charakter einzelner Häuser verfälscht haben. Im Grunde sei das Bild der sechs Straßen im Generalsviertel zwar noch intakt. Doch wegen gelockerter Baubestimmungen sehe sich der Bezirk nun gezwungen, bei Veränderungen ein Wörtchen mitzureden. Mit einbezogen werden dabei auch nördliche Teile des Eppendorfer Wegs und die Kottwitzstraße bis zur Gärtnerstraße.

Gegen aufgesetzte Stockwerke hat Heiko Jungmichel auch gar nichts, wenn es gut gemacht ist. "Damit kann ich gut leben, wenn es von außen kaum zu sehen ist. Wichtig ist, dass die Fassaden erhalten bleiben, sonst verändert sich das Viertel zu sehr und verliert seinen Charme."

An der Bismarckstraße/Ecke Gneisenaustraße wurde ein Stockwerk auf den Altbau aufgesetzt, das sei sehr gelungen, sagt Jungmichel. Abgesehen von baulichen Veränderungen ist Jungmichel aber auch die Zusammensetzung der Menschen im Viertel wichtig. Neue Investoren bedeuteten auch immer einen Zuzug Besserverdienender. Wenn mit der Verordnung auch die ohnehin teuren Mieten nicht steigen, sei ein weiteres Ziel erreicht. "Denn schon jetzt ist das Viertel gut durchmischt", sagt der 36-Jährige. "Die Zusammensetzung der Leute passt gut."

Um Mietsteigerungen zu verhindern oder Mietwohnungen nicht zu teurem Eigentum werden zu lassen, bräuchte es tatsächlich eine soziale Erhaltungsverordnung. Es soll Menschen im Generalsviertel geben, die sich so etwas wünschen. Erst jüngst hat der Senat beschlossen, für Eimsbüttel-Süd (nördlich des Schanzenviertels) den Erlass einer Sozialen Erhaltungsverordnung zu prüfen, um die Bewohnerinnen und Bewohner vor Verdrängung zu schützen. Derzeit gilt nur in der südlichen Neustadt eine Soziale Erhaltungsverordnung. Für St. Georg und St. Pauli wird der Erlass zum Jahreswechsel erfolgen, für das Schanzenviertel und das Gebiet um die Ottenser Osterkirche werden voraussichtlich im Frühjahr Soziale Erhaltungsverordnungen erlassen.