Nordkoreas Herrscher bleiben mit Skrupellosigkeit und chinesischer Hilfe an der Macht

Nordkorea ist eine aus Raum und Zeit gefallene Diktatur. Seine Führungsclique herrscht mit einer kruden Mixtur aus stalinistischem Regime der härtesten Prägung und fernöstlicher Sippenwirtschaft. Industrie und Landwirtschaft sind ruiniert, mangels Kraftfahrzeugen und Benzin führen verkehrsberuhigte Autobahnen ins Nichts, das Volk hungert, hat außer der Dauerberieselung durch Propaganda keinerlei Information, kennt weder Jeans noch Popmusik - ein Straflager für 24 Millionen Menschen.

Und immer wieder versetzt dieser unheimliche Staat den Rest der Welt in Angst. Etwa jetzt, da wieder ein dynastischer Führungswechsel ansteht, die Macht von Vater Kim Jong-il an Sohn Kim Jong-un übergehen soll, und niemand im Ausland einschätzen kann, ob das reibungslos gelingt.

Die Diktatoren in Pjöngjang neigen dazu, innere Schwierigkeiten durch äußere Aggressionen zu überdecken. Da werden schon mal Granaten auf Südkorea gefeuert oder andere Grenzzwischenfälle provoziert. Vor allem aber wird intensiv an der Atombombe gebastelt - dem ultimativen Erpressungsmittel unserer Tage, ebenso an der zugehörigen Raketentechnik. Zum einen will sich das Regime damit unangreifbar machen. Andererseits sind die Mordinstrumente auch einer der wenigen Exportschlager des ständig klammen Staates.

Von deren Verbreitung an andere Diktatoren dieser Erde dürfte wesentlich mehr Gefahr ausgehen als von der überdimensionierten Volksarmee. Die mehr als eine Million Soldaten müssen zehn Jahre dienen, sind in dieser Zeit vor allem mit pharaonischen Bauprojekten beschäftigt und wegen chronischer Unterernährung, Sprit- und Munitionsmangels kaum zu offensiven Operationen in der Lage. Es handelt sich mehr um ein weiteres Straflager mit billigen Arbeitskräften innerhalb des Gefangenenlagers Nordkorea, ergänzt durch die wirklichen Gefängnisse mit geschätzt 200 000 Insassen.

Von außen schwer einzuschätzen ist auch, wie lange sich das Volk noch so brutal unterdrücken lässt, ob es die Phase des Machtwechsels vielleicht zu Demonstrationen oder gar Aufständen nutzt. Im vergangenen Jahr mehrten sich die Berichte von Flüchtlingen, es habe in einigen Provinzstädten Unruhen wegen der chronischen Unterversorgung gegeben. Doch bisher deutet nichts darauf hin, dass der allmächtige Unterdrückungsapparat ins Wanken kommen könnte. Ähnliche Hoffnungen gab es auch schon vor gut 17 Jahren, als der Vater der bizarren Dynastie, Kim Il-sung, das Zeitliche segnete. Das Unterdrückungssystem hat sich aber bis heute kaum geändert. Dass das möglich war, liegt nicht nur an der Skrupellosigkeit seiner Herrscher, sondern auch an der geostrategischen Lage des Landes. Es liegt als Puffer zwischen dem aufstrebenden China, Japan und dem Einflussgebiet der USA, die die Sicherheit des demokratischen Südkorea garantieren. Vor allem Peking hat Interesse an der weiteren Existenz des Regimes in Pjöngjang, auch wenn es ihm mittlerweile manchmal peinlich sein dürfte. Aber der Wert als diplomatisches Faustpfand zählt für die chinesischen Genossen mehr als die Freiheit für 24 Millionen Unterdrückte.

An einer Eskalation hat derzeit aber keiner der Beteiligten Interesse. Keine der Großmächte würde wegen des kleinen Landes einen neuen Krieg vom Zaun brechen. Dem Süden wären auch ein Zusammenbruch des Regimes im Norden und eine schnelle Wiedervereinigung nicht ganz geheuer. Seoul hat die deutschen Erfahrungen mit einem solchen Prozess genau studiert und rechnet noch. Der Norden ist derzeit ohnehin voll mit sich selbst beschäftigt. Die größte Gefahr ist und bleibt die herrschende Kamarilla rund um die Familie Kim deshalb für das eigene Volk.