Seit Jahren müssen sich die drei marktführenden Rating-Agenturen, allesamt in den USA gegründet, heftige Kritik gefallen lassen - und zu einem erheblichen Teil ist sie berechtigt. Denn dass Standard & Poor's, Moody's und Fitch in der Zeit vor Ausbruch der US-Hypothekenkrise allzu freigiebig mit Bestnoten für später praktisch wertlos gewordene Kreditpapiere umgingen, lässt sich nicht bestreiten.

Gleichwohl ginge es an der Sache vorbei, den fehlbaren Bonitätswächtern jetzt in der Euro-Schuldenkrise die Rolle des Sündenbocks zuzuschieben. Eine Agentur, die feststellt, dass zum Beispiel Frankreich als Schuldner womöglich in Zukunft nicht mehr über jeden Zweifel erhaben ist, erzählt den Finanzmärkten nichts, was die nicht selbst schon wüssten.

Ebenso unsinnig ist der von Politikern gern geäußerte Vorwurf, die drei Privatfirmen hätten zu große Macht erlangt. Tatsächlich waren es die Politiker selbst, die ihnen diese Macht verliehen haben: Auch aufgrund gesetzlicher Vorgaben müssen sich Banken und Versicherungen in ihrer Kapitalanlagestrategie nach den Bonitätseinstufungen richten - und die werden nun einmal in erster Linie von den genannten drei Firmen geliefert.

Vollends absurd ist der Verdacht, die angelsächsischen Rating-Agenturen wollten die Euro-Zone gezielt schwächen. Denn wie wäre es dann zu erklären, dass etwa Deutschland und Frankreich ihr AAA noch immer haben, während S&P den USA die Top-Note bereits im August aberkannte? Hinzu kommt: Trotz des nun schlechteren Ratings zahlen die USA noch immer wesentlich niedrigere Zinsen als Frankreich - so viel zum Einfluss der Agenturen.