Genossenschaft plant Abriss und Bau von 120 Wohnungen in Hamm. Bezirkspolitiker plädieren für Schutz von Backsteinbauten.

Hamburg. Dunkelroter Backstein, kleine Balkone und Erker - der Wohnblock am Elisabethgehölz ist der letzte in Hamm, der die typische Handschrift der Fritz-Schumacher-Ära trägt. Alle anderen neuzeitlichen Backsteinfassaden, die einst das Stadtbild prägten, sind hinter Wärmedämmschichten verschwunden. Nun sollen die alten Häuser zwischen Curtiusweg und Chapeaurougeweg abgerissen werden, trotz guter Bausubstanz. Die Vereinigte Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft (VHW) plant hier, nahe der Sievekingsallee, einen Neubau mit 120 Wohnungen. Die Mieter der 122 alten Wohnungen sollen demnächst ausziehen.

Doch die denken gar nicht daran, ihre günstigen Wohnungen in Park- und U-Bahnnähe aufzugeben. Stattdessen haben sie die Initiative "Rettet Elisa" gegründet, den Mieterverein Hamburg um Unterstützung gebeten und die Bezirkspolitiker aller Parteien mit ins Boot geholt. Diese haben mittlerweile den interfraktionellen Antrag gestellt, Schumann-Backsteinquartiere generell zu schützen und besonders im Falle des Wohnblocks am Elisabethgehölz zu prüfen, welche Formen der Unterstützung durch die Stadt möglich sind.

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Doch die Genossenschaft sieht keine Alternative zum Abriss. "Die Ausstattung der betreffenden Wohnungen entspricht langfristig nicht mehr den Anforderungen der Mitglieder", sagt VHW-Vorstand Marcus Kopplin. Eine Modernisierung bringe keine nennenswerten Verbesserungen, ließe die Mieten aber trotzdem steigen. Für die betroffenen Bewohner wäre es sinnvoller, nach Fertigstellung die preisgünstigeren Neubauwohnungen zu beziehen.

Joachim Reinig kann das nicht nachvollziehen. Der Architekt kennt sich mit alten Gebäuden aus, schließlich hat er acht Jahre lang die Sanierung am Michel geleitet. "Elisa ist im Zweiten Weltkrieg beschädigt worden und Anfang der 50er-Jahre mit guten Baumaterialien wieder aufgebaut worden", sagt Reinig, der die Initiative fachmännisch unterstützt. "Die Fenster sind erst zehn Jahre alt, die Keller grundsätzlich trocken - vom Gebäude her betrachtet ist ein Abriss nicht einzusehen." Natürlich gebe es kleinere und größere Mängel, doch die könnten im Zuge einer Instandsetzung behoben werden. "Das Dach müsste mal anständig gemacht werden, manche Fenster wurden schlecht eingebaut, und angeblich sind Balkone marode", sagt Sabino Otto. "In meiner Wohnung aber ist alles in Ordnung." Die alleinerziehende Regisseurin wohnt mit ihren drei Kindern für hiesige Verhältnisse großzügig: Sie hat zwei der Wohnungen, die sonst 40 bis 65 Quadratmeter groß sind, zusammengelegt. Pro Quadratmeter zahlt sie 4,50 Euro, den hier üblichen Preis.

"Als Freiberuflerin bin ich auf eine Miete angewiesen, die ich auch in weniger guten Zeiten bezahlen kann", sagt sie. Die von der VHW geplanten Neubauwohnungen sollen 11,50 Euro pro Quadratmeter kosten. Das könnten sich viele Mieter nicht leisten. "Wir wären vielleicht in der Lage, die Miete zu bezahlen, aber dafür könnten wir nichts mehr zu essen einkaufen", sagt Hubert Orlik, 87, der seit 40 Jahren mit seiner Frau hier wohnt. "Uns bliebe nichts anderes übrig, als zum Sozialamt zu gehen." 25 Mitglieder haben das Haus bereits verlassen und alternative Angebote der VHW angenommen - zu 6,50 Euro pro Quadratmeter. Dem Ehepaar Orlik wurde eine Wohnung im dritten Stock angeboten - ohne Fahrstuhl. "Das ist doch verrückt", schimpft Hubert Orlik. Ebenso wie Sabine Otto und mehr als 80 weitere Betroffene war auch Hubert Orlik zu der von "Rettet Elisa" am Mittwochabend organisierten Podiumsdiskussion gekommen.

Die VHW hatte aus Termingründen abgesagt, also waren sich die Teilnehmer - die Vertreter sämtlicher Parteien sowie die Architekten Joachim Reinig und Thomas Dittert (Fritz-Schumacher-Stiftung) - einig: "Elisa" muss erhalten bleiben. "Die VHW muss jetzt einen akzeptablen Gutachter mit der Prüfung des Gebäudes beauftragen", sagt Michael Osterburg, GAL-Stadtentwicklungsexperte in Hamburg-Mitte. Er rechnet damit, dass es von Mitte Januar an zu einem von der Bezirkspolitik moderierten Gespräch zwischen der VHW und der Miterinitiative kommen wird.