Ein Kommentar von Matthias Gretzschel

Hamburg ist manchmal recht konservativ. Gerade wenn es das Stadtbild betrifft, hängt man hier am Bewährten und Althergebrachten und ist Experimenten gegenüber misstrauisch. Das hat sich oft bewährt und die Stadt auch vor mancher Bausünde bewahrt.

Nur ist das Althergebrachte manchmal gar nicht so alt. Mit Recht erinnert Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter jetzt daran, dass viele der 1943 beim Feuersturm zerstörten Häuser sehr viel höher war als ihre in der Nachkriegszeit errichteten oft recht anspruchslosen Nachfolger. Wer die historischen Fotos betrachtet, stellt erstaunt fest, dass Hamburg nicht nur innerhalb der City, sondern auch in vielen Außenbezirken vor dem Krieg großstädtischer anmutet, als das an gleicher Stelle heute der Fall ist. Das Leitbild einer "aufgelockerten" Stadt nach dem Krieg hatte einen enormen Flächenverbrauch zur Folge, beschert uns aber andererseits jetzt eine Reserve, die sich die Stadt zunutze machen kann: In vielen Gegenden bietet sich die Möglichkeit, zwei bis dreistöckige Häuser aus den 1950er- oder 1960er-Jahren um weitere zwei oder drei Etagen aufzustocken und damit neuen Wohnraum innerhalb der bereits bestehenden städtischen Infrastruktur zu schaffen. Das ist zwar mitunter aufwendig, trägt aber dazu bei, neue Wohnungen ohne unnötigen Flächenverbrauch zu schaffen.

Es ist, auch darauf hat Oberbaudirektor Walter hingewiesen, sicher kein Königsweg. Aber eine städtebauliche Chance, die die Hansestadt nutzen sollte. Und wenn manches allzu piefige 50er-Jahre-Viertel anschließend großstädtischer anmutet, entspricht das sogar dem Maßstab, der schon für unsere Urgroßeltern selbstverständlich war.