Mieterverein beklagt Zweckentfremdung von Wohnungen als Ferienunterkünfte

Hamburg. Die Nachbarn von Susanne Peters (Name geändert) wechseln häufig. Der 35-Jährigen begegnen im Treppenhaus ständig neue Gesichter. Denn die Wohnung in dem Mehrfamilienhaus in Tonndorf über ihr wird offensichtlich als Ferienwohnung vermietet: "Das geht jetzt schon seit 2009 so. Es ist ein echtes Ärgernis, denn die Touristen nehmen häufig keine Rücksicht auf mich. Denn während diese Leute zum Vergnügen hier sind, muss ich morgens fit bei der Arbeit erscheinen", sagte Susanne Peters dem Abendblatt. Die Einkäuferin berichtet von ständigen Ruhestörungen und Gästen, die rauchend im Treppenhaus stünden. Die Auswahl der "Bewohner auf Zeit" reicht laut Susanne Peters von Familien über junge Leute auf Partywochenende in Hamburg bis hin zu litauischen Bauarbeitern, die sich "häufig haben volllaufen lassen". Die Situation sei teilweise nicht mehr auszuhalten und der Mieter unter ihr bereits ausgezogen. Diese Wohnung werde nun wohl auch als Ferienwohnung vermietet.

Bei ihrem Vermieter hat sich Susanne Peters bereits mehrfach beschwert und auch beim Hamburger Mieterverein Mieter helfen Mietern (MHM) um Unterstützung gebeten. Dort hat eine Untersuchung ergeben, dass mehr als 1500 Wohnungen in der Hansestadt als Ferienwohnungen vermietet und somit nach dem Hamburgischen Wohnraumschutzgesetz zweckentfremdet werden: "Wir haben immer mehr Mitglieder, die sich über Feriengäste in ihrem Haus beschweren. Das reicht von Ruhestörung bis hin zu Erbrochenem im Hausflur", sagt Mieteranwalt Marc Meyer.

Die Wohnungen seien quer über die Stadt verteilt, vor allem aber in besonders beliebten Quartieren wie dem Schanzenviertel oder St. Georg zu finden. Dort berichtete eine Wohnungseigentümerin dem Abendblatt: "Hier gibt es Häuser, in denen gleich mehrere Wohnungen für ein paar Tage an Touristen vermietet werden. Das ist für viele Mieter ein Problem."

Der Vermieter von Susanne Peters in Tonndorf kann die Aufregung nicht verstehen: "Bevor ich die Wohnungen gar nicht vermietet bekomme, biete ich diese doch lieber als möblierten Wohnraum auf Zeit an." Die Vermietung müsse sich für ihn schließlich wirtschaftlich rechnen.

In Internetportalen bietet der Immobilieneigentümer gleich mehrere Objekte an. Darunter zum Beispiel eine 70-Quadratmeter-Wohnung in Tonndorf für zurzeit 90 Euro pro Nacht. Mindestaufenthalt sind drei Nächte, die Endreinigung kostet 60 Euro.

Auch dem Deutschen Mieterbund ist das Thema Zweckentfremdung bekannt. Allerdings sagt Sprecher Ulrich Ropertz: "Die Ferienwohnung-Problematik ist kein bundesweites Phänomen, es beschränkt sich auf Großstädte wie Berlin und Hamburg. Weil es in Hamburg eine Zweckentfremdungsverordnung gibt, müssen Vermieter von Ferienwohnungen nicht nur ein Gewerbe anmelden, sondern auch einen Antrag auf Ausnahmeregelung von dieser Verordnung stellen, sonst ist es doppelt illegal." Aber Mieteranwalt Marc Meyer ist sicher: "Aufgrund der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt wird die Stadt sicherlich keine Ausnahmegenehmigungen für Ferienwohnungen erteilen."

Mit Sorge betrachtet GAL-Stadtentwicklungsexperte Olaf Duge die Ergebnisse der Mieter-helfen-Mietern-Untersuchung: "Wenn diese Zahlen zutreffen, dann sollte gehandelt werden. Das Wohnungsproblem ist in Hamburg groß, eine flächendeckende Zweckentfremdung wäre deshalb nicht hinnehmbar."