Ex-Sicherungsverwahrte wehren sich gegen Umzug in Wohngemeinschaft

Hamburg. Für Hans-Peter W. und Karsten D. gelten besondere Spielregeln. Genauer gesagt: Auflagen, die ihnen das Gericht erteilt hat. Die beiden Männer sind vorbestrafte Schwerverbrecher, die aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht in Sicherungsverwahrung genommen werden dürfen. So darf beispielsweise Karsten D. keinen Alkohol trinken und muss sich regelmäßig kontrollieren lassen. Aber niemand kann die entlassenen Sicherungsverwahrten zwingen, in einer bestimmten Wohnung oder einem bestimmten Stadtteil zu leben. Hans-Peter W. und Karsten D. lehnen jetzt das Angebot des Senats ab, in den für sie vorgesehenen Klinkerbau in Jenfeld zu ziehen. Der Grund: die Anwohnerproteste, die sich bereits formieren.

"Meine Mandanten wollen dort nicht hinziehen", sagt Anwalt Ernst Medecke. "Sie sind empört, wie die Behörden mit ihnen umgehen." Die Justiz-, die Innen- und die Sozialbehörde hätten die Straftäter in das Vorhaben einbeziehen sollen. "Die Planungen laufen schließlich bereits seit Sommer." Stattdessen sei Hans-Peter W. erst am vergangenen Donnerstag von seiner Bewährungshelferin über die Umzugspläne informiert worden. Karsten D. erfuhr die Pläne von der stellvertretenden Leiterin der sozialtherapeutischen Anstalt, in der er sich zurzeit freiwillig aufhält. "Das Konzept für den Tagesablauf im Haus wurde ihnen nur mündlich mitgeteilt", kritisiert Medecke.

Sollten sich die ehemaligen Sicherungsverwahrten doch noch für einen Umzug nach Jenfeld entscheiden, bekämen sie nur einen befristeten Mietvertrag für die Wohnungen im ersten Stock. Sobald die Kita Ende 2012 in den Neubau neben dem Haus der verurteilten Schwerverbrecher einzieht, bräuchten die Männer ein neues Zuhause. "Es ist eine Katastrophe, dass Herrn W. und Herrn D. zugemutet wird, nach einem Jahr wieder umzuziehen", sagt Rechtsanwalt Medecke.

Auch die Ankündigung von Innensenator Michael Neumann (SPD), dass W. und D. rund um die Uhr bewacht werden sollen, wofür bis zu 40 Polizisten nötig wären, ist für den Juristen unverständlich. "Die Polizei wird alles dafür tun, dass sich die Männer niemals allein im öffentlichen Raum bewegen werden", sagte Senator Neumann am vergangenen Donnerstag bei der Vorstellung der Pläne. Dass dieser Aufwand berechtigt ist, bezweifelt Ernst Medecke. "D. ist schon seit mehr als einem Jahr alleine unterwegs." Dreimal die Woche verlasse er die sozialtherapeutische Anstalt, in der er sich freiwillig aufhält. Wenn er sich in der Öffentlichkeit bewegt, werde er jedoch nicht observiert. "Sollte er jetzt doch überwacht werden, ist das eine Rückstufung."

Sexualstraftäter Hans-Peter W., der 29 Jahre in Gefängnis und Sicherungsverwahrung war, wird nach wie vor von der Polizei überwacht. Ein Sachverständiger kam jedoch jüngst zu dem Ergebnis, dass die Bewachung schrittweise abgesenkt werden solle.