Rechtsstaat darf die organisatorische Basis der braunen Irrläufer nicht länger finanzieren.

Der Aufwand ist groß: Zehn Staatsanwälte leiten die Ermittlungen gegen rechtsextreme Terroristen, 420 Polizisten stehen ihnen zur Verfügung, 50 weitere sollen dazukommen, die Bevölkerung ist zur Mithilfe aufgerufen. Leider erst jetzt, gewissermaßen nachsorgend, nachdem zehn Menschen ermordet und zahlreiche andere Straftaten begangen worden sind. Natürlich haben es die Untergrundnazis den Behörden nicht leicht gemacht. Sie haben sich konspirativ verhalten, keinerlei Bekennerschreiben abgesetzt oder irgendwelche Forderungen aufgestellt. Aber unentdeckbar waren sie nicht. Im Gegenteil.

Sie waren den Sicherheitsbehörden ja sogar bekannt. Nur waren diese dank föderaler Strukturen und eines allzu puristisch ausgelegten Trennungsgebots von Polizei und Nachrichtendiensten nicht in der Lage, sie rechtzeitig dingfest zu machen - oder wegen Kompetenzgerangels und Ressortegoismen nicht willens, Informationen auszutauschen und entsprechend zu verwerten. Stattdessen wurden zweifelhafte V-Leute finanziert, an deren exzessivem Einsatz bereits ein NPD-Verbotsverfahren gescheitert ist.

V-Leute scheinen im Lichte der neuesten Erkenntnisse mehrfach zweifelhaft: teuer, unergiebig und kontraproduktiv. Und die Strukturen der Sicherheitsbehörden können nicht nur entlang der Lehren der Vergangenheit ausgerichtet sein, sie müssen auch die aktuellen Entwicklungen berücksichtigen. Gefahren für unser Gemeinwesen gehen heute bestimmt nicht von einer besseren Zusammenarbeit von Verfassungsschutz und Polizei aus - eher durch das Gegenteil und von Extremisten, die geschickt jeden Raum, den ihnen der Rechtsstaat bietet, und jeden Organisationsmangel für ihren Vorteil ausnutzen.

Dringend erforderlich sind nicht der Einsatz zweifelhafter Informanten, reflexartige Rufe nach schärferen Gesetzen oder die uneingeschränkte Datenvorratsspeicherung. Datenspeicherung im konkreten Verdachtsfall, wie von der liberalen Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger im Widerspruch zur Union vorgeschlagen, hätte beim Zwickauer Nazi-Trio und den anderen jetzt zur Fahndung ausgeschriebenen Rechtsextremen völlig genügt. Die waren ja bekannt und unter Verdacht. Und warum hätten die Ermittler mit einer vielfach größeren Datenflut zu besseren Ergebnissen kommen sollen als mit gezielten Recherchen und Erkenntnissen? Der ganze Apparat gehört umorganisiert, zur Kooperation verpflichtet und effektiver geführt. Das ist vielleicht schwieriger als der Ruf nach neuen Paragrafen und Kompetenzen, dafür aber eher zielführend.

Genauso wie ein neues NPD-Verbotsverfahren. Damit verschwinden weder die Personen noch ihr unsäglicher Geist, dafür aber Propaganda- und Organisationsstrukturen, die radikalen Brandstiftern geistige und materielle Heimat bieten. Wie lange will der demokratische Rechtsstaat die braunen Irrläufer noch mit Steuergeldern finanzieren und ihren Abgeordneten parlamentarische Immunität gewähren? Dies zu beenden, ist ein Versuch wert. Zwar ist wegen der hohen Hürden ein Scheitern nicht ausgeschlossen. Aber wer es nicht versucht, hat sich von Vornherein jeder Chance beraubt. Bei guter Vorbereitung sollte die Aussicht auf ein Gelingen nicht so schlecht sein.